Erfolg gegen Vermieter: Gewerbliche Abzocke

Die Immobilienfirma Blaczko vermietet Wohnungen mit Teilgewerbe, um die Mietpreisbremse zu umgehen. Eine Mieterin erwirkt die Halbierung der Miete.

Frau steht in einer Küche mit Computerecke

Nicht jede Wohnung mit einem Computer ist ein Gewerberaum Foto: taz

BERLIN taz | Gegen eine systematische Betrugspraxis der Immobilienfirma Blaczko hat einer Mieterin eines Hauses in der Reichenberger Straße in Kreuzberg am Montag einen Erfolg errungen. Ihre bisherige Miete von über 830 Euro wird nach dem Urteil des Amtsgerichts Kreuzberg halbiert; zudem steht ihr eine Rückzahlung von mehr als 5.000 Euro zu. Nun wollen andere Mie­te­r:in­nen ihrem Beispiel folgen und ebenfalls gegen teilgewerbliche Vermietungen vorgehen.

Die zu viel gezahlte Miete resultiert daraus, dass per Mietvertrag ein 16 qm großes Zimmer der insgesamt 77 qm großen Wohnung als Gewerberaum ausgewiesen ist. Für dieses allein waren bei Einzug 360 Euro zu zahlen, für den restlichen Wohnraum 400 Euro – dank Staffelmietvertrag erhöhte sich die Miete in dem 1959 errichteten ehemaligen Sozialbau jährlich um weitere 2,2 Prozent. Die Praxis des erfundenen Gewerberaums hatte die Mieterin im August vergangenen Jahres gerügt.

Laut Mio Decker von der Mie­te­r:in­nen­ge­werk­schaft, die zuletzt eine Vernetzung der Mie­te­r:in­nen der 25 Blaczko-Häuser vorangetrieben hat, umgeht die Immobilienfirma damit strukturell die Mietpreisbremse. Diese limitiert den Mietaufschlag bei Wiedervermietung – gilt aber nicht für Gewerbe. „Ein Nachweis, dass Mie­te­r:in­nen tatsächlich einem Gewerbe nachgehen, wird beim Anmieten nicht gefordert“, sagt Decker; gleichzeitig sei der Gewerberaum eine Bedingung, um eine Wohnung zu bekommen. Das Gericht hat dagegen nun festgestellt, dass es sich um eine reine Wohnungsnutzung handelt. Ein schriftliches Urteil soll in den nächsten Wochen folgen.

Laut Decker ist die teilgewerbliche Vermietung bei Blaczko Usus. Ebenfalls würden Wohnungen formal von Mit­ar­bei­te­r:in­nen an- und dann teurer untervermietet. „Wir haben aus den letzten drei, vier Jahren keine normalen Mietverträgen gefunden“, sagt Decker. Insgesamt würden etwa 700 Mietparteien in den Häusern, darunter viele, die erst in den vergangenen Jahren eingezogen seien. Bereits zehn weitere Mie­te­r:in­nen mit Teilgewerbeverträge, die mit der Mie­te­r:in­nen­ge­werk­schaft in Kontakt stehen, wollen laut Decker ihre Verträge nun ebenfalls anfechten. Auch die Untervermietung durch Mitarbeiter des Konzerns solle demnächst gerichtlich angegangen werden.

Blaczko – es existiert sowohl die Eigentums GmbH als auch eine Hausverwaltung unter selbem Namen – war das erste Mal im Mai vergangenen Jahres öffentlich negativ aufgefallen. Damals hatte die Hausverwaltung nach dem Mietendeckel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rundmails an die Mie­te­r:in­nen mit dem Betreff „zu früh gefreut“ geschickt. Zudem wurden sie in der Mail auch aufgefordert, das Mietverhältnis zu beenden – Zitat: „solche Mieter brauchen wir nicht“. Den Versuch der Mie­te­r:in­nen­ge­werk­schaft die Mieterschaft zu vernetzen und per Flyer zu informieren, versuchte Blaczko durch eine engagierte Sicherheitsfirma zu verhindern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.