Mindestauszahlung bei Lebensversicherung: Private Altersvorsorge schwächelt

Bei Neuabschlüssen von Lebensversicherungen garantieren die Unternehmen den Kun­d:in­nen immer weniger. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Strand an der Ostsee mit Strandkörben

Wer soll die Strandkörbe mieten, wenn die Altersvorsorge nicht mehr reicht? Foto: BildFunkMV/imago

BERLIN taz | Die private Altersvorsorge mit einer Lebens- und Rentenversicherung lohnt sich immer weniger. Die Mindestverzinsung sinkt zum Jahreswechsel von jetzt 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent und wird wohl auch 2023 auf diesem historischen Tief bleiben. Das teilte die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) am Montag mit. In der Vereinigung sind die Ma­the­ma­ti­ke­r:in­nen der Versicherungsbranche organisiert.

Mit dem Garantiezins wird festgelegt, wie hoch die Auszahlungs- oder zu verrentende Summe am Ende der Einzahlzeit mindestens ist. „Nicht zuletzt in Anbetracht der wirtschaftlichen Unsicherheiten durch die Coronapandemie sehen wir derzeit keine Anzeichen für eine spürbare Erholung der Zinsen in naher Zukunft“, sagte der DAV-Vorstandsvorsitzende Herbert Schneidemann.

Die Änderung des Garantiezinses gilt nur für neue Verträge, für alte gilt der bei Abschluss vereinbarte. Je nach Alter der Verträge können das bis zu 4 Prozent sein. Deshalb ist es selten sinnvoll, alte Verträge zu kündigen.

Der Gesetzgeber regelt die maximale Höhe des Garantiezinses, damit Unternehmen Kun­d:in­nen nicht mit Versprechen ködern, die sie nicht halten können. Er wird vom Bundesfinanzministerium auf Empfehlung der DAV festgelegt. Neben dem Garantiezins gibt es die jährlich neu festgelegte Überschussbeteiligung, mit der Kun­d:in­nen an den Kapitalerträgen beteiligt werden, und über die nur die Unternehmen entscheiden. Bei älteren Verträgen geht sie nicht über den Garantiezins hinaus.

Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen warnen vor Abschluss

Die Ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­ke­r:in­nen fordern einen neuen Blick auf Garantien. Die würden bislang als Mindestrendite verstanden. „Angesichts der anhaltenden Nullzinsphase ist diese Betrachtung aber nicht mehr sachgerecht und zeitgemäß“, sagte Schneidemann. Vielmehr seien Garantien heutzutage das Sicherheits­netz für den Fall sehr schlechter Kapitalmarktentwicklungen. Das Garantieniveau dürfe nicht zu hoch sein, um Kun­d:in­nen keine Renditechancen zu verbauen. Im Klartext: Durch geringere Garantien wollen sich Versicherer die Möglichkeit verschaffen, riskanter zu investieren – und das Anlagerisiko von sich auf die Kun­d:in­nen verlagern.

Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen warnen seit Jahren vor dem Abschluss der Policen, weil davon nur Assekuranz und Ver­tre­te­r:in­nen profitieren. Es wird nur der Betrag verzinst, der nach Abzug der meist hohen Kosten etwa für Verwaltung und Provision übrig bleibt. Deswegen müssen Kun­d:in­nen bei niedrigen Zinsen damit rechnen, dass sie angesichts der Inflation weniger bekommen, als sie einzahlen. Die Versicherer verkaufen deshalb gerne Lebens- oder Rentenversicherungen auf Aktienbasis. Hier tragen Kun­d:in­nen das Kapitalmarktrisiko alleine oder müssen für Absicherungen viel Geld bezahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.