Hilfe bei Kinderwunsch für queere Paare: Babys für alle

Bremen legt ein Förderprogramm für Menschen mit Kinderwunsch auf – und denkt dabei deutlich inklusiver als die meisten anderen Länder.

drei babys mit strampelanzug

Nicht nur für verheiratete Heteros: Babys Foto:

BREMEN taz | Später als die meisten, dafür aber inklusiver und gerechter als alle anderen: Bremen setzt endlich ein eigenes Landesförderprogramm auf, um ungewollt kinderlose Paare bei den Kosten für eine Kinderwunschbehandlung zu unterstützen. Zehn andere Bundesländer hatten ein solches Programm bereits. In Bremen und Bremerhaven aber – Wahnsinn – profitieren jetzt auch Unverheiratete und Lesben. Auch an trans Paare ist gedacht: Schwule oder diverse Paare, bei denen mindestens ein*e Part­ne­r*in weibliche Fortpflanzungsorgane hat, können profitieren.

Vorbilder gibt es: Rheinland-Pfalz und Berlin haben in diesem Jahr ihre Richtlinien angepasst und fördern inzwischen auch lesbische Paare. Der Zwei-Städte-Staat Bremen geht aber noch einen Schritt weiter: Die queeren Betroffenen bekommen vom Land sogar mehr Geld als andere. Heterosexuelle Paare, verheiratet oder nicht, erhalten ab Januar 25 Prozent ihrer Kosten (nach Abrechnung mit der Krankenkasse), lesbische und diverse Paare bekommen 50 Prozent.

Mit dieser ungleichen Behandlung will Bremen mehr Gleichheit schaffen. Um zu verstehen, was das soll, muss man sich die Situation im Rest Deutschlands vor Augen führen. „Das Abstammungsrecht bestimmt hier immer noch die Familienpolitik“, klagt Caro Schulze vom queeren Bremer Beratungszen­trum Rat und Tat. „Für Regenbogenfamilien ist da gar kein Platz.“

Die gesetzliche Krankenkasse ist in Deutschland verpflichtet, die Hälfte der Kosten für die ersten Versuche medizinisch assistierter Reproduktion zu übernehmen. Das aber gilt nur für verheiratete heterosexuelle Paare. Schließlich dürfen nur heilige Ei- und Samenzelle der Ehegatten verwendet werden.

Dass das hier geförderte Familienbild einer Hetero-Ehe mit Kindern nicht einfach ein versehentliches Überbleibsel der Fünfzigerjahre ist, hat gerade erst das Bundessozialgericht bestätigt: Ein lesbisches Paar hatte sich für die Kostenübernahme einer künstlichen Befruchtung durch die Instanzen geklagt, doch das Gericht urteilte am 10. November, die Vorschrift sei vom Gesetzgeber erstens genau so gewollt und zweitens auch nicht diskriminierend.

Das Ziel noch nicht erreicht

Seit 2012 gibt es neben der Kassenleistung noch ein Bund-Länder-Programm, das den Eigenanteil der Hilfesuchenden reduzieren soll: Dort, wo das Land einen Teil der Kosten übernimmt, springt seitdem auch der Bund ein. Doch auch hier setzt sich die Ungleichbehandlung fort: Verheiratete Paare bekommen vom Bund bis zu 25 Prozent ihrer Kosten finanziert; Unverheiratete sehen lediglich 12,5 Prozent. Und Homosexuelle kriegen vom Bund so viel wie von den Krankenkassen: gar nichts.

Um derart ungleich Behandelte gleichzustellen, braucht es also ungleiche Fördersummen. „Die Zuschüsse sind nun bei heterosexuellen und homosexuellen Paaren angeglichen“, so Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). „Die eklatante Unausgewogenheit haben wir beendet.“

Abschließend gerecht ist das noch nicht: Was von der Krankenkasse nicht kommt, wird auch von den nun höheren Förderung nicht vollends ausgeglichen. Unterm Strich bleibt der Eigenanteil für lesbische Pärchen höher als der für Heteropärchen. Auch die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten bleibt bestehen. „Die Lösung jetzt war ein Kompromiss“, erklärt der Sprecher der Gesundheitssenatorin.

„Wir hatten eine Summe x und mussten schauen, was damit möglich ist.“ Für alles Weitere müsste der Bund selbst noch einmal nachjustieren. „Ey, Ampel -> *Fetter Hint, diese Diskriminierung abzubauen“, twittert dazu die Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Kai Wargalla (Grüne).

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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