Bilanz des G 20-Gipfels in Rom: Bescheidene Erfolge

Covid-Impfziele, globale Mindeststeuer, Klimawandel: Auf dem G20-Gipfel in Rom wurde vieles vereinbart – allerdings zu wenig Konkretes.

Mario Draghi winkt vor Rednerpult

Winkt zum Abschied: Mario Draghi, Gastgeber des G20-Gipfels in Rom Foto: reuters

Gewiss, es hätte schlechter ausgehen können auf dem G20-Gipfel am Samstag und Sonntag in Rom. Gewiss, der Gastgeber – Italiens Ministerpräsident Mario Draghi – hat durchaus recht, wenn er bemerkt, dass die G20-Staaten in den vergangenen Jahren „eine abnehmende Fähigkeit gezeigt haben, zusammenzuarbeiten“. In Rom dagegen kam der Dialog wenigstens wieder in Gang, auch wenn mit Chinas Staatschef Xi Jinping und Russlands Wladimir Putin gleich zwei der wichtigsten Protagonisten vor Ort gar nicht präsent waren.

Auf drei Feldern, darf man Draghi glauben, haben die G20 wichtige Durchbrüche erzielt. Sie einigten sich auf globale Covid-Impfziele, sie segneten die globale Mindeststeuer auf die Gewinne von Großunternehmen ab und sie schlugen einige Pflöcke im Kampf gegen den Klimawandel ein.

Bei näherem Hinsehen fallen die Erfolge jedoch einigermaßen bescheiden aus. Sicher, es ist erstrebenswert, dass bis 2022 70 Prozent der Weltbevölkerung gegen Covid geimpft sind – gewünscht hätte man sich aber nicht bloß ein Bekenntnis zum Ziel, sondern auch eine gemeinsame, präzise Ansage zu dessen Umsetzung.

Einer solchen Ansage dagegen bedarf es bei der neuen globalen Unternehmenssteuer nicht – die wurde nämlich gar nicht in Rom verabschiedet, sondern schon vor drei Wochen von 136 Staaten innerhalb der OECD abgesegnet. Die gleiche Geschichte jetzt nochmal als Erfolg auch des G20-Gipfels in Rom zu verkaufen: Das erinnert ein wenig an den Bürgermeister, der alle paar Monate die selbe Brücke mit großem Brimborium neu einweiht.

Wirklich neu ist dagegen die Verpflichtung der G20-Staaten auf das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Prozent zu beschränken. Wer dafür was unternehmen muss, bleibt allerdings offen. Der Konflikt zwischen den reichen Nationen, den USA und Europa einerseits, und den Schwellenländern, vorneweg China und Indien andererseits, ist nicht ausgeräumt.

Ein müder Formelkompromiss

Dass China und Indien das Klimaziel, gegen das sie sich bis zuletzt gesträubt haben, mittragen, ist als positiv zu verbuchen, doch schon der müde Formelkompromiss zur CO2-Neutralität lässt aufhorchen. Die soll „bis oder etwa bis zur Mitte des Jahrhunderts“ erreicht werden; die klare Festlegung auf das Jahr 2050 war nicht konsensfähig.

Es wäre eine leichte Übung, dafür China und Indien verantwortlich zu machen, die vorerst nicht bereit sind, auf die Kohleverstromung zu verzichten. Aber hat zum Beispiel China nicht auch gute Gründe, wenn es die USA darauf hinweist, dass dort der CO2-Ausstoß pro Kopf achtmal so hoch ist wie in China, dass also die Vereinigten Staaten (und auch die EU) sich gefälligst schneller bewegen sollen?

Am besten brachte wohl UN-Generalsekretär António Guterres das Ergebnis auf den Punkt. Unerfüllt seien seine Hoffnungen auf dem Feld der Klimapolitik geblieben – aber wenigstens seien sie nicht beerdigt worden. Und in der Tat wünschten die G20-Staaten in ihrer Abschlusserklärung dem jetzt beginnenden COP26-Gipfel in Glasgow Erfolg, ganz so als wollten sie sagen: Beim Klima geht noch was – jedenfalls mehr, als wir in Rom beschlossen haben.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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