Corona-Ausbruch im Knast in Hannover: Schutz ist hinter Gittern teuer

Im Gefängnis in Hannover gibt es 15 Corona-Fälle. Überteuerte Schutzmasken mussten Gefangene bisher von ihrem kargen Lohn selbst bezahlen.

Durch eine Glastür hinter Gittern ist ein Flur in einem Gefängnis zu sehen. Ein Schild an den Gittern weist auf die Maskenpflicht hin

Maskenpflicht? In Hannovers JVA gilt die nur fürs Personal Foto: Jens Büttner /dpa

BREMEN taz | Wer sich im Knast in Hannover vor Corona schützen will, der muss das auf eigene Faust tun – und das heißt auch: auf eigene Kosten. Der Staat finanziert den Gefangenen keine Masken, Schutz auf eigene Initiative gibt es nur zu überhöhten Preisen.

Eine Maskenpflicht gilt nur für die Mitarbeitenden, die sowohl FFP-2- als auch OP-Masken von ihrem Arbeitgeber gestellt bekommen. Die Insassen selbst sind völlig davon ausgenommen. „Die Gefangenen werden durch die Bediensteten geschützt“, argumentiert Gefängnisdirektor Matthias Bormann.

Das erscheint erst einmal sinnvoll: Immerhin sind Inhaftierte quasi in ständiger Kohorten-Quarantäne, mit wenig Kontakt in die Außenwelt. Be­su­che­r*in­nen müssen geimpft sein oder dürfen Kontakt nur durch eine Plexiglasscheibe haben. Und für Mitarbeitende gilt wie im ganzen Land eine 3-G-Pflicht.

Das System hat angesichts von Impfdurchbrüchen aber durchaus seine Tücken. Aktuell zeigt sich das durch einen Corona-Ausbruch in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hannover. Bereits am 22. November, so heißt es aus der Gefängnisleitung, war ein externer Mitarbeiter trotz Grippesymptomen in die Anstalt gekommen; als Geimpfter musste er keinen Test machen – später stellte sich jedoch heraus, dass er coronapositiv war.

Auf Gedeih und Verderb

Zwei Inhaftierte aus zwei verschiedenen Häusern hatten sich bei ihm angesteckt; mittlerweile sind 60 Gefangene in einem eigenen Trakt in Quarantäne und 15 von ihnen nachweislich infiziert. Für die Gefängnisleitung ist der Ausbruch eine Mischung aus Schicksal und menschlichem Versagen: „Für Impfdurchbrüche kann niemand in die Verantwortung genommen werden“, sagt Bormann, „gegen die Ignoranz von Symptomen ist kein Kraut gewachsen“.

Ein Inhaftierter, der sich „Oktopus“ nennt (Name der Redaktion bekannt), sieht das etwas anders. Er fordert strengere Kontrollen, vor allem aber Masken für die Gefangenen selbst. „Wir Inhaftierten sind dem System auf Gedeih und Verderb ausgesetzt“, bemängelt er gegenüber der taz. „Mein Vertrauen in die Verantwortung der Angestellten ist da nicht groß genug.“ Tatsächlich seien nach dem Ausbruch OP-Masken verteilt worden – bisher allerdings als einmalige Ausnahme.

Auch die Gefängnisleitung selbst kann nur auf „drei Stoffmasken“ verweisen, die den Inhaftierten 2020 ausgeteilt worden seien. Alles weitere müssten die Inhaftierten selbst „vom Anstaltskaufmann“ beziehen. Der heißt in der ganzen Republik Massak und ist als Monopolist für seine außergewöhnlich hohen Preise verrufen.

Ein Blick auf die Preisliste zeigt: OP-Masken gibt es bei Massak im Zehnerpack noch für einigermaßen erschwingliche 2,99 Euro. Für eine einzelne FFP-2-Maske zum Eigenschutz zahlen Gefangene aber ganze 1,99 Euro – gut dreimal so viel, wie in einem Drogeriemarkt.

Verschärft wird das Problem, weil Gefangene nur wenig Geld zur freien Verfügung haben. Für ihre Arbeit in der Haftanstalt bekommen sie zwar einen Lohn; der jedoch orientiert sich an der sogenannten „Eckvergütung“, die nur neun Prozent des Durchschnittseinkommens von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt.

In Bremen bekommen Inhaftierte die Masken bezahlt

Für Gefangene, die nicht arbeiten können, gibt es noch weniger – „Oktopus“ spricht von einem Taschengeld von 40 Euro im Monat. „Da überlegt man schon dreimal, ob man das Geld investieren soll“, sagt der Gefangene. Zumal Inhaftierte, die sich für eine Maske entschieden, dafür von Teilen des Gefängnispersonals wegen „Panikmache“ verspottet würden, behauptet Oktopus.

Ob die JVA in Hannover einen Sonderweg geht, oder ob in ganz Niedersachsen ähnlich verfahren wird, kann das zuständige Justizministerium am Dienstag nicht ermitteln. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Bremen: Dort werden Masken laut einem Sprecher der Justizbehörde nach Bedarf gestellt.

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