Generation X und ihre Kinder: „Papa, du bist dumm“

Was kommt nach Angela Merkel? Kein würdiger Nachfolger, aber eine penetrant politische junge Generation.

Der Schatten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist während ihrer Rede bei der Verleihung des Nationalen Integrationspreises 2019 zu sehen.

No Fun für Nachfolger: Der Schatten von Angela Merkel Foto: dpa/Michael Kappeler

„Guckt mal, zwei Typen auf ’nem Tandem!“, sagt der Freund auf der herbstlichen Restaurantterrasse. „Das sieht so bescheuert aus, hab ich nie verstanden!“, sagt der andere Freund. „Na, einer steuert, der andere tritt mit, das erhöht den Antrieb!“

„Und manchmal geht es eben nicht bloß um Autonomie, sondern um das Miteinander, um vertrauensbildende Maßnahmen“, mischt eine ältere Dame vom Nebentisch sich ein.

Der Freund sagt:„So wie Merkel und Scholz bei G20!“ – „Das will ich sehen, Merkel und Olaf zusammen auf einem Tandem!“ – „Das konnte man doch gerade sehen.“ – „Ich mein nicht als Metapher, sondern real, haha.“

„Ich fand, das war nicht so Tandemstyle in Rom, eher Merkel rautenbildend auf dem Einrad und Scholz radelt auf dem Liegefahrrad hinterher und strahlt dabei unentwegt zu ihr hinauf!“ – „Den nimmt doch international keiner ernst, wenn er so im Schlepptau von Merkel auftritt, das ist strategisch ungünstig, die sind nicht in einer Partei, aus dem Schatten muss der dringend raus!“

„Sie ist ein noch größerer Schatten als Kohl!“ – „Kohl war kein Schatten mehr, Kohl hat sich machtbesoffen selbst zerlegt, und der beschwipste Chauvi-Schröder in der Elefantenrunde war erst recht keiner!“ – „Macht ist eben ’ne Droge und Männer neigen statistisch mehr zur Sucht als Frauen.“

„Angela Merkel wird aber auch irgendeinen Ausgleich brauchen, das ist schon ein ganz schöner Game-Changer, von seit 16 Jahren Bundeskanzlerin zur Privatperson.“

„Ich würd' mich erst mal tagelang besaufen und feiern und trotzdem nicht klarkommen!“ – „Deshalb wirst du auch nie Bundeskanzlerin!“

„Merkel macht einfach ’ne ausgedehnte Radtour durch Italien.“ – „Und liest dann zu Hause erst mal alle Liebesbriefe, die über die Jahre liegengeblieben sind.“

„Liebesbriefe?“ –„Im Ernst? Meint ihr, sie hat Liebesbriefe gekriegt?!“ – „Warum nicht?“

„Na, weil Männer doch ’ne Höllenangst vor mächtigen Frauen haben!“ – „Die jüngere Generation weniger.“ – „Du meinst, sie hat Liebesbriefe von Millenials gekriegt?!“

„Und von der Generation X!“ –„Wer sind die?“ –„Na wir.“ –„Ach ja.“

„Und was kennzeichnet die Generation X – außer das Geburtsjahr?!“

„Heroin Chic?“

„Techno, Grunge? Hedonismus?“

„Genau, junge Leute wären extrem unpolitisch, hieß es damals immer.“

„Jetzt sind sie irgendwie alle penetrant politisch, selbst Kinder, woran liegt das?“

„Internet.“

„Meine 11-jährige Tochter hat mich heut’ früh gefragt, ob ich den Unterschied zwischen Sozialdemokratie und Christdemokratie erklären kann!“

„Und was hast du gesagt?“ – „Ich hab ihr ein Bild von Merkel und Scholz gezeigt und gesagt, das ist das Eine und das ist das Andere, ich war in Eile.“

„Und war sie dann zufrieden?“ –„Ja, sehr, sie hat mit einem fiesen Grinsen gesagt: Papa, ich wusste ja, du bist voll dumm!“

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ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta-Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-­Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.

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