Theatertipps der Woche: Unheimliche Intelligenz

Interrobang forscht zu KI und Altern. Der Audiowalk „Rendevous“ geht auf Pandemie-Zeitreise. In der Schaubude ätzt ein Stiefvater gegen die Fantasie.

Eine Frau sitzt mit Kopfhörern in einer futuristischen Box und lauscht einer Künstlichen Intelligenz

Mit Künstlichen Intelligenzen sprechen: „Deep Godot“ von Interrobang in den Sophiensaelen Foto: © Paula Reissig

Das Kollektiv Interrobang forscht schon lange an Theaterformaten, die ihre Wirkungen mit Hilfe Künstlicher Intelligenz entfalten. Schon vor Jahren haben sie für ihr Stück „Müllermatrix“ aus überliefertem Audio-Interview-Material eine künstliche Heiner-Müller-Intelligenz erschaffen. Damit wurde es möglich, noch 20 Jahre nach dem Tod des Dramatikers mit ihm in Kontakt zu treten – bzw. seinem Bot.

„Deep Godot“ heißt nun ihre neue Arbeit, die gerade in den Sophiensaelen herausgekommen ist und sich wieder mit dem Thema „Künstlich Intelligenz“ auseinandersetzt. Allerdings nicht mehr ganz so euphorisch, wie noch in „Müllermatrix“, die sich voller spielerischer Technik-Euphorie dem Thema angenähert hat. Nun geht es ums Altern. Wir werden in eine Kabine gesetzt und mit einer Künstlichen Intelligenz verbunden, die uns mit unserer Vergänglichkeit konfrontiert. Das hat poetische aber auch unheimliche Momente. Denn wir werden an eine Beckettsche, ja eigentlich Kafkaeske Zukunftswelt herangeführt, in der wir – zunehmend ferngesteuert von Algorithmen und Systemen – immer eingeschränktere individuelle Gestaltungsspielräume haben. („Deep Godot“, 13. bis 17.10., stündlich von 18 bis 22 Uhr. Eine Session dauert ca. 50 Minuten).

Eine Zeitreise bietet auch das neue Projekt von RAUM + ZEIT um Bernhard Mikeska an. Inspiriert durch den Film „Twelve Monkeys“ mit Bruce Willis von 1995 (der wiederum Motive von Chris Markers „La Jetée“ von 1962 popularisierte) entstand der Audiowalk „Rendevous“. Der Plot wird etwa so beschrieben: Eine große Pandemie soll verhindert werden. Doch diesmal kommt Hilfe aus der Zukunft. Mit geheimem Auftrag landet eine zeitreisende Person mitten im heutigen Berlin, zwischen Lustgarten, Schloss und Dom. Sie weiß bereits, was noch niemand weiß. Es gilt Patient Null zu finden.

Geleitet von der Stimme der Schauspielerin Bibiana Beglau (die per Download aufs Smartphone gelangt) treten jeweils zwei Personen auf verschiedenen Touren (die sich zwischendurch kreuzen) in Sachen Weltrettung an (Raum + Zeit: „Rendevous. Ein Audiowalk für Zwei“, Start an der Museumsinsel. Premiere 14.10. Alle Infos hier: www.bernhardmikeska.de).

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Im Schatten des Theaterfeindes

Nicht ganz alltägliche Theaterwelten erschließt zuverlässig die Schaubude an der Greifswalder Straße, Berlins berühmtes Figuren- und Objekttheater. In dieser Woche kommt hier „Fanny und Alexander“ heraus. Die Geschichte, die einst ein Film von Ingmar Bergman erzählt hat, handelt von zwei Kindern, die in eine Theaterfamilie hinein geboren werden. Als der Vater stirbt, heiratet die Mutter einen asketischen protestantischen Bischof, einen ausgewiesenen Fantasie- und Theaterfeind.

Schaubuden-Chef Tim Sandweg hat eine Theaterfassung des Stoffs geschrieben. Nis Søgaard, der auch Dozent an der HfS Ernst-Busch ist, inszeniert. Und zwar kein Theater für Schau­spie­le­r:in­nen oder Puppen. Sondern ein mediales Papier- und Schattentheater, das fragil ist wie das Theater selbst, diese aktuell so bedrohte Kunstform („Fanny und Alexander“, Premiere: 15.10; alle Termine hier: schaubude.berlin/de).

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