Autopolitik der geplanten Koalition: Die Ampel ist gut für Tesla

Eine rot-grün-gelbe Koalition würde einen Richtungswechsel bedeuten: weg von Plug-In-Hybriden, hin zur Subventionierung vollelektrischer Autos.

Eine Karrosserie eines PKWs in einer Fabrikhalle.

Voll elektrisch und in Deutschland produziert: Ein Tesla Model Y in Grünheide Foto: Patrick Pleul/dpa

Bei den Ampel-und den kommenden Koalitionsgesprächen wird auch über die Autoindustrie zwischen Grünen, FDP und SPD gesprochen. Mit dem Verzicht auf ein Tempolimit haben die Grünen wichtige Zugeständnisse gemacht. Auch deshalb könnten weniger populäre Subventionen schnell auf die Agenda kommen. Ausgemachtes Thema bei der FDP ist, mit Preis- und ordnungspolitischen Maßnahmen die CO2-Wende im Automarkt zu erreichen.

Damit werden Subventionen, wie die heutigen staatlichen Umweltprämien beim Elektroautokauf von bis zu 6.000 Euro, diskutiert. Für eine schwarze Haushalts-Null kann man nicht beliebig weiter subventionieren. Auf Gegenliebe bei den Grünen stößt dabei mit Sicherheit die Streichung der Umweltprämie für die wenig geliebten Plug-In-Hybride (PHEV).

Eine gelb-grüne Streichung der PHEV-Subventionen macht weiter deutlich, dass das alte Merkel-Modell, einfach weiter und für jeden ein bisschen, nicht mehr Leitlinie ist. Die Streichung der PHEV-Umweltprämie ist zusätzlich ein Symbol, das der Bevölkerung nach all den Berichten zur Pseudo-Umweltverträglichkeit der Plug-Ins gut vermittelbar ist. Damit sollte auch in den SPD-Gesprächen das Ende der PHEV-Förderung nicht auf allzu große Gegenwehr stoßen.

Bei einer potenziellen Streichung handelt es sich nicht um „Peanuts“. So wurden nach unserer Schätzung knapp eine Milliarde Euro in den ersten neun Monaten des Jahres benötigt, um den Autokäufern den Erwerb von 241.064 Plug-In-Hybriden zu versüßen. Übers Gesamtjahr 2021 belastet die Plug-In-Prämie den Staatshaushalt mit deutlich mehr als einer Milliarde Euro.

Eine Milliarde weniger

Die Ampelkoalition kann den schnelleren Umstieg auf Elektroautos schaffen und die Staatskasse aufbessern

Wer wäre nun Gewinner und Verlierer bei einer solchen Streichung? Auf Grundlage der Pkw-Verkäufe der ersten neun Monate des Jahres haben wir die PHEV-Anteile der einzelnen Herstellergruppen im deutschen Automarkt ermittelt. Der klassische PHEV-Anbieter im deutschen Automarkt ist Volvo. Bei 100 Volvo-Neuwagen sind 42 davon Plug-In-Hybride. Die kleine Schwester Pole­star hat die PHEV-Anteile bei der Gruppe Volvo-Pole­star leicht auf 40,1 Prozent gedrückt.

An zweiter Stelle stehen die Japaner mit Mitsubishi mit 26,8 Prozent und Mercedes-Smart mit 24,6 Prozent PHEV-Anteil. Auch hier hilft die kleine Schwester Smart, den Anteil zu drücken. Zusammengefasst: Die deutschen Autobauer sowie Volvo, Mitsubishi, Jaguar Landrover profitieren überproportional von der Plug-In-Prämie. Ein Streichen der Prämie würde diese Autobauer stärker treffen, da die Fahrzeuge Preisvorteile verlieren. Damit gerät auch das Erreichen der CO2-Grenzwerte in Gefahr.

Eine weitere teure Angelegenheit. Im Gegenzug müssten daher die vollelektrischen Autos stärker im Vertrieb angeschoben werden. Bleibt die Frage nach den Gewinnern, wenn PHEV-Modelle nicht mehr gefördert werden. Vollelektrische Fahrzeuge würden bei Wegfall der Prämien wettbewerbsfähiger. An den Daten für die ersten neun Monate im Markt Deutschland ist erkennbar, dass alle, die heute hohe vollelektrische Bauteile haben, ihre BEV-Verkäufe und damit auch ihre Gesamtverkäufe zusätzlich steigern können.

Damit sind sie die Gewinner. Die Ampel macht Tesla zum größten Sieger auf dem deutschen Automarkt und danach mit großem Abstand Hyundai-Kia, Renault-Dacia, Porsche, Nissan, VW und Mercedes-Smart. Auf der Verliererseite stehen Honda, der Stellantis-Konzern, Skoda, BMW-Mini, Mazda, Volvo-Polestar, Audi, Seat, Jaguar-Landrover, Ford und Toyota-Lexus.

Fazit: Die Ampelkoalition kann den schnelleren Umstieg im deutschen Automarkt auf Elek­troautos schaffen und gleichzeitig die Staatskasse aufbessern: ein bisschen eine Art Quadratur des Kreises. Sollte die Umweltprämie für Pull-In-Hybride fallen, kann man mit Kräfteverschiebungen im deutschen Automarkt rechnen. Einerseits bei Tesla, aber auch Renault-Nissan, Porsche, VW und Mercedes stehen auf der Gewinnerseite.

Natürlich ist das Bild eine Zwischenaufnahme, sprich: mit neuen BEV-Modellen können sich wieder ­Verschiebungen ergeben. Aber es gibt einen Zeitvorteil für die BEV-Stärkeren und einen Zeitvorteil im Kampf gegen den Klimawandel. Durch die Streichung der Plug-In-Subvention wird die­­ Transformation der Branche beschleunigt. Dass dies machbar ist, zeigen die BEV-Verkäufe seit Anfang des Jahres. Es macht Sinn, die Umweltprämie für die Plug-Ins von der neuen Regierung zu kippen.

Steuergleichheit für Benziner und Dieselantrieb

Für FDP und Grünen liegen die Vorteile auf der Hand. Die SPD sollte „überzeugt“ werden können. Ein weiterer wichtiger Impuls der neuen Regierung sollte sein, endlich Steuergleichheit bei Benzin und Diesel herzustellen. Seit Bestehen der Bundesrepublik wurde diese falsche Besteuerung – wie in Beton gegossen – mitgeschleppt. Diese falsche Besteuerung hat auch den Umstieg auf die Elektromobilität verzögert.

Obwohl die Reputation des Dieselantriebs in der Bevölkerung erheblich gelitten hat, wurde die Steuerangleichung „ausgesessen“. Es ist also auch ein Stück Glaubwürdigkeit für Gelb und Grün, dieses Relikt aus der Welt zu schaffen. Im Neuwagenmarkt spielt der Diesel so gut wie keine Rolle mehr. Vom einfachen Diesel wurden in den ersten neun Monaten des Jahres im Pkw-Bereich 426.658 Neuwagen zugelassen. Das entspricht einem Marktanteil von 21,1 Prozent.

Die Zahlen zeigen, dass der Diesel immer unbedeutender wird. Dieselantrieb ist im Pkw-Bereich ein klares Auslaufprodukt. Ein Steuervorteil beim Diesel macht also auch marktstrategisch keinen Sinn. Die Umstellung auf höher besteuerten Diesel ist damit auch für die Autobauer „verkraftbar“. Erneut gäbe es einen Schub für die Umwelt, die zusätzlich die Staatskasse aufbessert.

Sicher ein Knackpunkt für die SPD, aber für Grün-Gelb sollte das Thema eine Art Glaubwürdigkeitsprüfung sein. Es wäre eine der größten Innovationen in der deutschen Verkehrspolitik nach jahrzehntelangem Stillstand.

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war von 2008 bis 2020 Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Seit Mai 2020 ist er Direktor des privatwirtschaftlichen CAR-Center Automotive Research in Duisburg.

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