AktivistInnen nach der Wahl: Nur keine Deutschland-Koalition

Optimismus? Die Stimmung in der Mobilitäts- und Klima-Szene könnte am Tag nach der Abgeordnetenhauswahl deutlich besser sein.

Durchfahrt-verboten-Schild vor dem Brandenburger Tor

Geht's noch mal voran bei der Verkehrswende in Berlin? Foto: dpa

Am Tag nach der Wahl herrscht bedrückte Stille in der Klimaschutz- und Verkehrswende-Szene der Stadt. Viel stand auf dem Spiel, viel zu wenig ist erreicht worden, so die Meinung etlicher AktivistInnen. Auch wenn die Politik der Grünen hier nicht unbedingt als non plus ultra an Radikalität gilt – eine Regierende Bürgermeisterin Bettina Jarasch hätten sie deren Konkurrentin Franziska Giffey allemal vorgezogen.

„In den Chatgruppen, in denen ich so bin, ist vor allem die Enttäuschung sehr groß, dass der erhoffte Wechsel im Bund nicht gekommen ist“, sagt Claudia Prange, Sprecherin von Parents for Future Berlin, „aber auch in Berlin müssen wir überlegen, wie wir jetzt weitermachen, wie wir die Menschen künftig erreichen.“ Die Bewegung müsse nun stärker direkt auf die BürgerInnen zugehen. Als positiv hob sie hervor, dass es jetzt sechs grün regierte Bezirke gebe.

Dass Volt und vor allem die Klimaliste derart schlecht abgeschnitten haben, kann sich Prange nur damit erklären, dass sie den meisten WählerInnen nicht bekannt gewesen seien – oder diese mit den Grünen auf die sichere Karte setzen wollten. Es gebe aber auch Stimmen, die jetzt vorrechneten, dass genau die von den Kleinstparteien errungenen Prozente den Grünen zur Mehrheit fehlten. Vor einer „Deutschlandkoalition“ in Berlin warnte Prange: „Dann würde es schwer, Klimaneutraliät überhaupt herzustellen.“

Nicht ganz so pessimistisch ist man bei Changing Cities (CC). Die Sprecherin der Organisation, Ragnhild Sørensen, will erst einmal nicht den worst case von Rot-Schwarz-Gelb an die Wand malen und glaubt: „Bei den neuen Kräfteverhältnissen wird die SPD es schwerer haben, ihre Politik ohne grüne Unterstützung durchzusetzen.“ Die kommenden Jahre müssten jetzt genutzt werden, „um den Rückstau aufzuholen und endlich zu bauen, bauen, bauen“ – sichere und komfortable Radwege nämlich, wie das Mobilitätsgesetz sie vorschreibt.

Eine zweite Chance

„Ein stadtweites Kiezblocks­programm mit Beteiligungs-, Planungs- und Umsetzungsressourcen für zwei Kiezblocks pro Jahr in jedem Bezirk“ sieht Inge Lechner von CC als dringende Aufgabe des künftigen Senats. Bislang habe R2G zwar „erste zaghafte Versuche“ bei Stadtumbau unternommen, aber immer sei die SPD der Bremsklotz gewesen. In einer Neuauflage der Koalition hätten die drei Partnerinnen „ihre zweite Chance, die Verkehrswende endlich auf die Straße zu bringen. Klar ist aber schon jetzt, dass ohne dauerhafte zivilgesellschaftliche Flankierung wenig zu erwarten ist“, so Lechner.

An der Grünen-Basis hegt Matthias Dittmer, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität, die Hoffnung, dass der SPD-Landesverband bei Weitem nicht so konservativ ist wie seine Spitzenkandidatin. „Die haben Frau Giffey zwar gewählt, aber ich bin zuversichtlich, dass sie dann doch nicht jede Verrenkung mitmachen werden“, so Dittmer, der auch Sprecher des Bündnisses „Stadt für Menschen“ ist. Er empfehle den SozialdemokratInnen, auf die eigenen Leute zu hören, etwa den Fachausschuss Mobilität der Partei.

Als „Essential“ bezeichnete es Dittmer gegenüber der taz, dass die Grünen in einem rot-grün-roten Senat die Verantwortung für die Bereiche Verkehr und Klimaschutz behielten: „Wir haben die kompetenten Leute und die richtigen Ideen für die Verkehrswende – mit jemandem, der sie gar nicht richtig will, werden wir sie nicht hinbekommen.“

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