Cybermobbing wegen Fortnite: Ratlose Eltern

An französischen Schulen wurden gerade systematisch jüngere Schü­le­r:in­nen gemobbt. Eltern aber sind noch dabei, den vorletzten Trend zu verstehen.

Eine Person vor dem Computerspiel Fortnite

Ältere Schüler mobbten jüngere, weil diese bei Fortnite gecheatet haben Foto: Linda Kastrup/imago-images

Wie jedes Jahr im September in Frankreich wechselten auch in diesem die Schü­le­r:in­nen von der Grundschule aufs Collège. Der diesjährige Jahrgang wurde dort allerdings mit Anfeindungen und Hass der älteren Schü­le­r:in­nen empfangen. Wieso? Wegen Zoffs in der Gamingszene.

Unter dem Hashtag #Anti­2010 finden sich in die sozialen Netzwerke unzählige Hassnachrichten, besonders auf der Videoplattform TikTok wird den Elfjährigen vermehrt gedroht. Der Vorwurf: Die jüngeren Kinder hätten sich beim Computerspiel „Fortnite“ nicht an die Regeln gehalten und sich somit Vorteile erschlichen. Für die ältere Generation ein No-go. Der Hass geht so weit, dass sich mittlerweile Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer einmischte, um die Wogen zu glätten. Als Gegenaktion rief er den Hashtag #Bien­venueAux2010, also „Herzlich willkommen, 2010er“, ins Leben.

Während Lehrpersonal und Eltern vor nicht allzu langer Zeit kapiert haben, dass Cybermobbing ein ernstzunehmendes Phänomen und gleichzeitig akutes Problem ist, haben sie das Ausmaß der Möglichkeiten noch lange nicht begriffen. Denn meist sind die Eltern noch damit ­beschäftigt, den vorletzten Trend zu verstehen, während ihre digitalen Kinder schon längst drei weiteren hinterherjagen.

Klar, ist ja auch schwierig, bei einer Generation hinterher zu kommen, die das Internet vollkommen durchdrungen hat. Nicht zuletzt wurde durch die Pandemie das komplette Leben junger Generationen ins Digitale verlagert: Seit März 2020 fand nicht nur ein Teil des Unterrichts, sondern auch das Privatleben ausschließlich im Internet statt.

Digital geht Mobbing viel einfacher

Durch die Kontaktbeschränkungen trafen sich Kinder und Jugendliche online in Chatgruppen, bei TikTok oder Ins­ta­gram anstatt beim Sport oder auf einer Party. War es früher also noch wichtig, die richtigen Sneakers über den Schulhof spazieren zu führen, zählen nun vor allem Likes und Views oder eben Erfolge beim Zocken. Klar, gemobbt wurde man auch auf dem Schulhof. Digital geht es eben nur viel einfacher.

Das Bündnis gegen Cybermobbing und die Techniker Krankenkasse hatten Ende vergangenes Jahres eine Studie veröffentlicht, bei welcher 17,3 Prozent aller Schü­le­r:in­nen angegeben haben, schon einmal von Cybermobbing betroffen gewesen zu sein. Das wären 2 Millionen Kinder und Jugendliche – und damit deutlich mehr als laut der Vorgängerstudie von 2017. Da waren es 12,7 Prozent.

Die Zahlen bestätigen, was längst alle wissen: Im Netz lässt es sich einfacher mobben. Da reicht ein Like bei einem fiesen Kommentar, und schon ist man ein Teil davon. Und wie löst man das Problem? Scheint die Aufgabe noch so groß: Die Eltern müssen am Ball der Zeit bleiben, denn die Kids werden im Internet bleiben. Und auch dort sollten die Erwachsenen ihrer Vorbildfunktion nachkommen. Cybermobbing und Hetze im Netz sind ja kein ausschließliches Problem der Jugend.

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Jahrgang 1994 | bei der taz seit 2016 | früher auf Deutschlandreise für taz.meinland & Editorial SEO für die taz | seit 2019 Redakteurin für Gesellschaft und Medien | spricht mit im Podcast Weißabgleich und schreibt die Kolumne Digital Naives | Interessiert sich für Datenpolitik, Fake News & Social Bots.

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