Neu entflammte Debatte über Schlümpfe: „Blaue Fascho-Fantasie“

In der Warteschlange vor dem Wahllokal poppte die alte Frage wieder auf: Wie integer sind Schlümpfe?

Teilnehmer des Samba-Karnevals-Umzuges ziehen als Schlümpfe verkleidet durch die Innenstadt von Bremen.

Voll totalitär: Schlümpfe beim Samba-Karneval in Bremen im Jahr 2018 Foto: Carmen Jaspersen/dpa

„Ach, auch schon so früh auf Mission, Nachbarn!“, sagt der Mann vor dem Wahllokal zu dem Paar in der Schlange.

„Früher Vogel fängt den Schlumpf, Herr Löh!“, sagt der Mann.

„Das beeinflusst ja nicht die Wahl, ob man zu den ersten gehört, und wieso überhaupt Schlumpf?“

„Na, ich will den Scholz verhindern!“

„Söder hat Scholz doch mal schlumpfig genannt, Rüdiger“, sagt Frau Löh.

„Unsinn, die Schlümpfe sind Nazis und was auch immer ich vom Scholz halte, ein Nazi ist der nicht.“

„Die Schlümpfe Nazis? Wer hat das jetzt wieder an den Haaren herbeigezogen?“

„Eher an den weißen Mützen, wie beim Ku Klux Klan. Der Oberschlumpf hat die rote Mütze auf und die tanzen ständig ums Feuer“, ruft eine Frau weiter vorn.

„Da gibt es Studien zu, und Gargamel ist die antisemitische Karikatur!“

„Seine Katze heißt Azrael, klingt wie Israel!“

„Eindeutig ist zumindest der Frauenhass bei den Schlümpfen!“

„Da gibt es aber doch nur eine Frau, Ulrike!“

„Sag nicht, dass du das jetzt nicht begreifst, Rüdiger!“

„Alles Humbug, die Schlümpfe sind reinste Fantasie!“

„Tjaja, reinrassig blaue Fascho-Fantasie!“

„Blauweiß, wenn man’s genau nimmt, mit ein bisschen rot, wie die AfD, ha!“

„Die hat es aber noch nicht gegeben, als ein unbedarfter Comiczeichner begann, ein bisschen rumzuschlumpfen.“

„Schlümpfe sind doch völlig harmlos, die haben nicht mal Geschlechtsteile!“

„Sie tragen keine Schuhe. Das sind bloß Hippies und Gargamel ist das Establishment!“

„Aber Schlumpfine ist superblond, trägt Pumps und ihr einziges Interesse sind Blumen. Sie ist ein kapitalistisch-sexistisch-arisches Sexobjekt!“

„Bei den Linken in der Kommune damals waren Frauen auch Sexobjekte, ich sach nur Uschi Obermeier!“

„Sind Schlümpfe jetzt Nazis oder Kommunisten?!“

„Irgendein sozialistisches Kollektiv auf jeden Fall“

„Ich hab da grad mal im Internet nachgeschlagen. Es gibt einen schwarzen Schlumpf und der ist bösartig, immer aggro!“

„Hm“

„Hm“

Hm“

„Hmhm“

„Ach, einmal wieder Kind sein und von nichts was merken!“

„Sich einfach so ohne unheilvolle Gedankenblitze an Farben und Stereotypen erfreuen!“

„Apropos, es könnte auch eine schwule Kommune sein, dann würde Babyschlumpf, der vom Storch gebracht wurde, und auch Schlumpfine total Sinn ergeben!“

„Als Transvestit?“

„Oder Transgender?“

„Nee, als Über-Frau, der gehuldigt wird, ohne dass es je zum Sex kommt!“

„Also, es gab da nur einen eindeutig schwulen Schlumpf, der, der ständig in den Spiegel starrt!“

„Wieso muss der hart narzisstische Schlumpf jetzt schwul sein? Scheiß Klischee!“

„So oder so: Schlumpfhausen ist kein guter Ort, sondern ein diktatorischer. Nur Papa Schlumpf hat was zu sagen!“

„Gewählt wird da nicht!“

„Gut, dass wir hier gleich die Wahl zwischen vielen Farben haben!“

„Jaja, eine wahrhaft magische Erwachsenenfantasie!“

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Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.

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