Video von Unions-Kandidat Laschet: Entspannt mit den Rechten plauschen

Die CDU feiert Laschet in einem Video dafür, mit rechten Coronaleugnern zu sprechen. Auch nach der Tat von Idar-Oberstein bleibt das Video online.

THomas Brauner und Armin Laschet

Thomas Brauner und Armin Laschet bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Erfurt am 3. September Foto: Michael Kremer/Future Image/imago

Es riecht nach Anbiederung an die „Querdenker:innen“-Szene. Am Montagnachmittag, sechs Tage vor der Bundestagswahl, postete CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf seinem Facebook-Kanal einen Wahlkampfspot, in dem es in einer Passage um die Coronapolitik geht.

Gesundheitsminister Jens Spahn kommt kurz ins Bild, dann der Virologe Christian Drosten. Und schließlich, in einer längeren Szene, der Coronaleugner Thomas Brauner, wie er bei einem Wahlkampfauftritt von Laschet Anfang September die Bühne stürmt und den CDU-Chef zum Dialog herausfordert. Dazu im Clip eine weibliche Stimme aus dem Off: „Erst denken, dann reden. Und auch mit denen, die eine kritische Haltung haben. Ja, gerade mit denen.“

Nicht mal eine Stunde nach der Veröffentlichung des Wahlkampfspots wurde bekannt, dass am Wochenende in Idar-Oberstein ein 20-jähriger Student von einem Coronaleugner erschossen wurde, nachdem er diesen bei seinem Job an einer Tankstelle auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte. Das konnte Laschet noch nicht wissen, als die Wahlwerbung online ging. Wohl aber musste er wissen, wer Thomas Brauner ist.

Das Netz ist voll von Einträgen über den ehemaligen Busfahrer, der seinen Job verlor, weil er während seiner Fahrten Schulkinder aufforderte, die Masken abzulegen. Ein Video aus dem November 2020 zeigt ihn, wie er in einer Rede vor dem Würzburger Schloss im Zusammenhang mit den Corona-Impfungen davon spricht, es solle ein „Holocaust 2.0 eingepflanzt werden“.

Brauner pflegt enge Kontakte in die Neonazi-Szene

Fotos zeigen, wie er gemeinsam mit dem aus seiner Sicht „großartigen“ rechtsextremen „Volkslehrer“ Nikolai Nerling bei sich zuhause auf dem Sofa sitzt. Brauner spricht von „Lügen-Pandemie“. Im sächsischen Grimma trat Brauner bei einer Veranstaltung auf, die mit den Bannern der rechtsextremen Gruppierung „Freie Sachsen“ beflaggt war. Mindestens pflegt Brauner enge Kontakte in die Neonazi-Szene, wenn er nicht selbst schon längst dazugerechnet werden muss. Nach dem Tankstellen-Mord in Idar-Oberstein postete Brauner auf Telegram: „Das ist das Werk der Regierung!“

Über die Rolle Brauners ist mehrfach berichtet worden, nachdem sich Laschet bei der CDU-Wahlkampfkundgebung in Erfurt zum freundlichen Plausch mit Brauner bereit fand. Der Kanzlerkandidat wollte sich als souverän inszenieren, wohl auch in diesem Sinne hat die Szene Eingang in den Wahlkampfspot gefunden.

Ex­per­t:in­nen wie die Buchautorin Heike Kleffner warnen schon seit langem vor „Hetze, die zum,Abschuss' freigibt“. Im Buch „Fehlender Mindestabstand“, das der Autor dieses Textes mitherausgegeben hat, beschrieb Kleffner im Frühjahr, dass die rechtsterroristischen Anschläge in Hanau, Halle und Istha bei Kassel, die Tätertypen und Beweggründe, exemplarisch sein könnten für zukünftige politisch motivierte Gewalttaten, legitimiert durch die Hetzkampagnen der Coronaleugner-Bewegung. Dass die Coronaprotestler vielerorts den Schulterschluss mit der rechtsextremen Szene suchen, ist dokumentiert.

Der Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, vielfach Vertreter der Nebenklage in Rechtsterror-Prozessen, twitterte am Dienstagabend: „Laschet will Coronaleugner und Nazis dazu bringen, im,Kampf gegen die rote Gefahr' als kleineres Übel die CDU zu wählen. Nur weil dieses Pack,Zecken' oder andere ermordet, wird er diese Linie nicht aufgeben und natürlich keine harte Position gegen sie einnehmen.“

Ist das so? Es wäre schön zu erfahren, wie die CDU selbst die Szene mit dem Coronaleugner Brauner im Wahlkampfwerbespot erklärt – doch das Konrad-Adenauer-Haus lässt einen dazu am Dienstagnachmittag übermittelten Fragenkatalog bis Mittwochvormittag unbeantwortet. Kannten Laschet oder sein Generalsekretär Paul Ziemiak den Spot vor der Veröffentlichung? Fanden sie ihn gut, gehört das Gespräch mit „Querdenker:innen“ und anderen Leuten aus der rechten Szene zum Kalkül? Darauf bleibt die CDU bisher eine Antwort schuldig.

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