Schwarz-Grüne Sondierungsgespräche: Berlins Grüne müssten nur wollen

Warum macht die Partei ihre Spitzenkandidatin Bettina Jarasch nicht mit einer Jamaika-Koalition zur ersten grünen Ministerpräsidentin in Deutschland?

Das Foto zeigt Franziska Giffey von der SPD und die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch.

Nicht nur Giffey (l.) könnte Regierungschefin werden: Mit Jamaica wäre das auch für Jarasch möglich Foto: dpa

BERLIN taz | Sondierungsgespräche auch zwischen Grünen und CDU? Das kam ein bisschen überraschend. Die Grünen hatten doch ziemlich stark die Deutungshoheit über den Wahlausgang vom 26. September beansprucht: Dass es nämlich demnach in Berlin künftig nur eine Koalition geben könnte, nämlich die bisherige. Bloß die Gewichtung wäre etwas anders – Rot-Grün-Rot statt Rot-Rot-Grün. Eine Deutschlandkoalition, dass hatte Spitzenkandidatin Bettina Jarasch klar gemacht, würde den Wählerwillen nicht wieder geben.

Wie können die Grünen dann selbst mit der Partei sondieren, mit der sie die SPD nicht koalieren lassen mögen? Und sogar, wie nun angekündigt, vier Stunden lang ab Mittwochnachmittag? Kann es sein, dass die Grünen am Ende des Tages nicht nur von hehren inhaltlichen Erwägungen, sondern auch von ganz schnöden Machtoptionen getragen sind? Dass sie mit der CDU sprechen, um SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey zu signalisieren: Wir können auch anders, wir müssen uns nicht in eine Koalition betteln?

Dann ist bloß die Frage, warum das eine reine Drohkulisse bleiben soll. Wieso sollen die Grünen eigentlich bei Rot-Grün-Rot die Juniorpartnerin geben statt in einer Jamaika-Koalition mit CDU und FDP Jarasch zur bundesweit ersten grünen Ministerpräsidentin zu machen? Weitreichende Änderungen in der Verkehrs- und Klimapolitik gibt es mit der SPD genauso wenig wie mit der CDU, das Gleiche gilt für das große Streitthema Enteignung.

Eine grün regierte Bundeshauptstadt – was wäre das für ein Zeichen! In Paris macht die viel gefeierte dortige Bürgermeisterin zwar auch grüne Politik, hat aber ein Parteibuch der Sozialisten. Es wäre aber weit mehr als ein bloßes Symbol. Wer im Roten Rathaus regiert, kann Senatsmitglieder entlassen und hat die sogenannte Richtlinienkompetenz. Die ist zwar nicht näher definiert, kann aber umso mehr neu ausgestaltet werden. Auch mit der FDP ließe sich reden – ihr leider nicht mehr wieder gewählter Abgeordneter Henner Schmidt gehörte in den vergangenen Jahren zu den klügsten Köpfen in Umwelt- und Verkehrsfragen, unverdächtig aller ideologischen Blockaden.

Warum also nur die Nummer 2 im Schatten einer dann alles überstrahlenden Regierenden Bürgermeisterin Giffey? Warum nicht mutig sein, Ideologisches beiseite schieben und die Gelegenheit nutzen? Nur um der Linkspartei zum Weiterregieren zu verhelfen? Jener Partei, deren Landeschefin jüngst so weit ging, jede Koalition außer einer rot-grün-roten mit „Wahlbetrug“ gleichzusetzen? Bettina Jaraschs Partei ist mit dem Anspruch angetreten, das Rote Rathaus grün zu machen. Sie könnte ihn wahr machen, auch wenn sie am Wahlabend nur Zweite geworden ist – sie muss nur wollen.

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Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

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