Depressionen durch Instagram: Vom Trost bei Fremden

Instagram ist ein toller Ort, um sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Doch gerade bei jungen Frauen kann die Nutzung zu psychischen Problemen führen.

Symbole von Facebook, WhatsApp und Instagram auf einem Smartphone mit gesplittertem Bildschirm.

Immer wieder in der Kritik: Social-Media-Apps von Facebook Foto: Dado Ruvic/reuters

„Angststörungen und Depressionen zu haben, heißt, ängstlich und müde zugleich zu sein. Man hat Angst vorm Versagen, aber keinen Antrieb, produktiv zu sein. Man wünscht sich Gesellschaft, ist aber nicht in der Lage zu socialisen. Man will allein sein, aber nicht einsam. Man fühlt alles auf einmal und dann wieder nichts.“ Als ich diese Worte in einem Videoausschnitt hörte, fühlte ich mich etwas besser. Denn sie reflektieren den Zustand, in dem ich mich aktuell (wieder mal) befinde. Wenig ist in diesem Zustand tröstender, als das Gefühl, verstanden zu werden. Und sei es von einer mir fremden Person auf Instagram, wie in diesem Fall.

Trost, Austausch, Solidarität und Empowerment sind sicher nur einige der positiven Beschreibungen, die Use­r*in­nen zu Instagram einfallen. Die Plattform kann ein wunderbarer Ort sein, um sich mit Leuten mit ähnlichen Interessen, Problemen und Vorstellungen zu vernetzen. Dennoch – und das ist weder Überraschung noch Neuigkeit – kann die Nutzung auch zur Belastung werden. Sogar eine interne Studie des Facebook-Konzerns bestätigt dies.

Mitte September veröffentlichte das Wall Street Journal Auszüge aus dieser. Siehe da; Facebook kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie bereits andere Studien: Besonders bei jungen Frauen führe Instagram vermehrt zu Depressionen und Angstzuständen. Das läge vor allem daran, dass sich Use­r*in­nen hier besonders viel mit anderen verglichen. „Wir verschlechtern das Körperbild bei einem von drei Mädchen im Teenageralter“, steht in den geleakten Unterlagen. Dass dies lebensbedrohliche Auswirkungen haben kann, wissen Zuckerberg und Co.

Ebenfalls: Etwa 13 Prozent der britischen und 6 Prozent der US-amerikanischen Use­r*in­nen führen Suizidgedanken auf ihre Instagramnutzung zurück. Auch jenseits des Teenageralters können soziale Medien einen negativen Einfluss auf die Psyche haben. So haben Psy­cho­lo­g*in­nen der Ruhr-Universität Bochum 2019 einen Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Medien und depressiven Tendenzen hergestellt. Dieser sei nicht unmittelbar, es müssten „gewisse Voraussetzungen dafür vorliegen“.

Manche Menschen virtuell stumm stellen

Menschen, deren Selbstwertgefühl ohnehin angeknackst sei, neigten demnach eher dazu, durch die Nutzung sozialer Netzwerke negative Gefühle zu entwickeln. Nicht überraschend, aber durchaus wichtig, sich dessen bewusst zu werden. Denn die Nutzung sozialer Medien erfolgt bei vielen fast automatisiert. Ein Klick und schon steht man dem fantastischen Leben anderer gegenüber.

In Zeiten, in denen ich mich so fühle wie jetzt, hilft es, manche Menschen virtuell stumm zu stellen. Ich muss jetzt nicht wissen, wer was gebacken oder sich verlobt hat, wer Familienzuwachs erwartet oder für den Halbmarathon trainiert. Mir wirklich wichtige Menschen teilen mir das hoffentlich auch so mit. Stattdessen hilft es mir, mich Menschen zuzuwenden, die ähnliche Erfahrungen mach(t)en. Und manchmal sind das eben Unbekannte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Sophia Zessnik ist seit 2019 bei der taz und arbeitet in den Bereichen Kultur und Social Media. Sie schreibt am liebsten über Alltägliches, toxische Männlichkeit und Menschen im Allgemeinen. In ihrer Kolumne „Great Depression“ beschäftigt sie sich außerdem mit dem Thema psychische Gesundheit.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.