Wahlkampfauftakt in Frankreich: Rechte Mobilmachung

Beim Wahlkampfauftakt ihrer Partei betont Marine Le Pen, Präsidentin Frankreichs werden zu wollen. Doch ihr droht Gefahr – von weiter rechts

Eine Frau in einem Anzug spricht an einem Rednerpult. Neben stehen drei Fahnen Frankreichs. Hinter ihr prangt der Schriftzug: Le temps est venu

Marine Le Pen am Sonntag beim Wahlkampfauftakt Foto: ap/Daniel Cole

PARIS taz | „Die Zeit ist gekommen“, stand in weißer Schrift auf der blauen Wand hinter dem Redepult von Marine Le Pen. Die Chefin des rechtsextremen Rassemblement National (RN) begann am Sonntag im südfranzösischen Fréjus ihren Wahlkampf. Zum dritten und wohl auch letzten Mal versucht die 53-Jährige im nächsten Jahr, Präsidentin zu werden.

„Wir betrachten einen Sieg Marine Le Pens als nicht zu vernachlässigende Möglichkeit“, warnte die den Sozialisten nah stehende Stiftung Jean Jaurès im Frühjahr. Le Pen kämpft vor allem um die Stimmen aus dem konservativen Lager, das sie mit einer von ihrer Partei losgelösten Kandidatur zu überzeugen hofft. Den Parteivorsitz übergab sie deshalb an ihren 25 Jahre alten Vize Jordan Bardella.

In ihrer Rede setzte Le Pen wie gewohnt auf ihre Paradethemen Sicherheit und Einwanderung. „Es wird keinen Ort in Frankreich geben, an dem das Gesetz nicht angewandt wird“, kündigte sie unter dem Applaus ihrer rund 900 Zuhörerinnen und Zuhörer an. „Wir werden die Banden, die Mafia und all jene ausrotten, die uns ihren Lebensstil auferlegen wollen.“ Sie werde die Präsidentin der französischen Freiheiten sein.

„Freiheiten, liebe Freiheiten“ lautet auch der Slogan ihres Wahlplakats, das sie vergangene Woche vorstellte. Das Motto greift die Forderung der Impfgegnerinnen und Impfgegner auf, die jeden Samstag durch die Straßen ziehen. Der Gesundheitspass, den Macron im Juli einführte, sei ein unverhältnismäßiger Angriff auf die Freiheit, kritisierte Le Pen. „Wenn jeden Samstag Tausende das Wort Freiheit skandieren, dann herrscht da ein Unbehagen, das man ernst nehmen muss.“

Auch wenn Le Pen sich in Fréjus nichts anmerken ließ, beginnt sie ihren Wahlkampf unter schlechten Vorzeichen. Weiter rechts droht ihr nämlich mit dem rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour, der seine Kandidatur noch nicht erklärte, Konkurrenz.

Bittere Lehren aus dem Kommunalwahlen

Mit Positionen, die bei der Einwanderung noch extremer sind als die Le Pens, stellt Zemmour die 53-Jährige als lasch hin. Offen vertritt er die These des „grand remplacement“, nach der die Eliten einen Austausch der französischen Bevölkerung durch Einwanderer anstreben. „Er kann nicht gewinnen, aber er kann ein Stein im Schuh sein“, warnte der RN-Bürgermeister von Perpignan, Louis Aliot, in der Zeitung Libération.

Schon die Kommunalwahlen im vergangenen Jahr hatten den RN geschwächt. Der Partei gelang es nämlich nicht, außer Perpignan eine größere Stadt zu gewinnen. Bei den Regionalwahlen im Sommer ging der RN ebenfalls leer aus – auch, weil Le Pen ihre Wählerinnen und Wähler nicht dazu bringen konnte, zu den Urnen zu gehen.

Marine Le Pen rechnet sich gute Chancen aus

Wie gewohnt kritisierte die Kandidatin in Fréjus die „Diktatur“ der EU und kündigte an, im Falle eines Wahlsieges das nationale über internationales Recht zu stellen. Das Thema Europa könnte den Wahlkampf im Frühjahr bestimmen, da Macron dann als überzeugter Europäer versuchen dürfte, mit der französischen EU-Ratspräsidentschaft zu punkten. Außerhalb ihrer Paradethemen bot Le Pen wenig neue Ideen. In einem Interview mit der Zeitung Le Figaro schlug sie vergangene Woche vor, die Autobahnen zu verstaatlichen.

Bereits seit der Übernahme des Parteivorsitzes 2011 fährt die RN-Chefin eine Strategie der „Normalisierung“. Der mehrfach wegen Antisemitismus und Rassismus verurteilte Parteigründer Jean-Marie Le Pen wurde aus dem Rassemblement National ausgeschlossen, auch wenn sich die jüngste Tochter inhaltlich nicht von ihrem Vater entfernte. Umfragen sehen Marine Le Pen in die Stichwahl gegen Staatschef Emmanuel Macron einziehen. Die zweite Runde dürfte die Juristin im April 2022 allerdings knapp gegen den Amtsinhaber verlieren.

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