Gegen die Zerstörung des Amazonas: Indigene setzen sich durch

Die Vollversammlung der Weltnaturschutzunion fordert den Schutz des Amazonas bis 2025. Damit folgt sie einem Antrag indigener Gruppen.

Luftbild vom Regenwald mit Regenborgen

Über dem von Abholzung versehrten Regenwald zeigt sich ein Regenbogen Foto: Nacho Doce/Reuters

MARSEILLE taz/afp | Die Vollversammlung der Weltnaturschutzunion (IUCN) hat in Marseille einen umfassenden Schutz des Amazonas-Regenwalds bis 2025 gefordert. Bis dahin sollen 80 Prozent des Amazonasgebiets geschützt sein, teilte die IUCN am Freitag mit. In dem Antrag indigener Gruppen wird ein „globaler Aktionsplan“ gefordert, um die Abholzung und den Bergbau in den Amazonaswäldern zu stoppen.

„Jedes Jahr verliert der Amazonas mehr als 10.000 Quadratkilometer“, sagte José Gregorio Díaz Mirabal vom Kongress der indigenen Organisationen des Amazonasbeckens. Es sei eine Notlage, „nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt“.

In Marseille geht am Samstag der alle vier Jahre stattfindende Kongress der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) zu Ende. Ein Hauptaugenmerk lag dabei auf der besseren Integration von Indigenen. Bislang kannte die Union zwei Typen von Mitgliedern: Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen, deren Stimmen jeweils separat ausgezählt werden.

Dazu sind in Marseille die Organisationen von indigenen Völkern als dritter Mitgliedschaftstyp gestoßen. Damit sollen deren Leistungen beim Schutz der Artenvielfalt anerkannt und besser genutzt werden.

„Erfahrungen der Indigenen unschätzbar“

„Indigene Völker machen fünf Prozent der Weltbevölkerung aus und schützen über 80 Prozent der biologischen Vielfalt der Erde“, sagte die neue IUCN-Präsidentin Razan Khalifa Al Mubarak. „Ihre Erfahrungen mit der Frage, wie man im Gleichgewicht mit der Natur leben kann, liefern der Welt unschätzbare Erkenntnisse.“

In der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen der IUCN und den indigenen Völkern angespannt. Der IUCN folgte lange dem „Yellowstone Modell“ und setzte auf möglichst menschenleere Schutzgebiete. Doch inzwischen setzte sich die Erkenntnis durch, dass indigene Völker einen wichtigen Beitrag für den Artenschutz leisten können.

So zeigt eine Studie der UN Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, dass die Entwaldung in Gebieten des Amazonas-Regenwalds unter indigener Verwaltung nur halb so hoch war wie in anderen Teilen des Urwalds. Zudem spart der Staat damit Geld, wie der FAO-Bericht zeigt: „Während die Auswirkungen der Gewährleistung von Besitzansprüchen groß sind, sind die Kosten sehr gering“.

Wie wichtig der Artenschutz ist, zeigt die aktualisierte Rote Liste der gefährdeten Arten, die wohl bekannteste IUCN-Publikation. Von den knapp 140.000 untersuchten Arten sind über ein Viertel mehr oder weniger vom Aussterben bedroht.

Thunfischarten erholt

Es gibt allerdings auch gute Nachrichten: Von den sieben am stärksten befischten Thunfischarten haben sich die Bestände von vier Arten deutlich erholt. „Diese Bewertungen der Roten Liste sind der Beweis dafür, dass nachhaltige Fischereikonzepte funktionieren und langfristig enorme Vorteile für die Lebensgrundlagen und die biologische Vielfalt mit sich bringen“, sagte Bruce Collette, die beim IUCN für Thunfische verantwortlich ist.

In anderen Fällen reicht Schutz allein allerdings nicht. Komodowarane sind auf der gleichnamigen, indonesischen Insel eigentlich gut geschützt. Wegen des Klimawandels werden sie in den nächsten 45 Jahren jedoch wahrscheinlich mindestens 30 Prozent ihres Lebensraums verlieren.

Der IUCN-Kongress diente auch der Vorbereitung der nächsten Konferenz der UN-Biodiversitätskonvention in der chinesischen Großstadt Kunming, die wegen der Coronapandemie auf April kommenden Jahres verschoben wurde.

Diese Konferenz soll für den Artenschutz so wichtig werden wie die Pariser Klimakonferenz fürs Klima. Es wird erwartet, dass die Länder beschließen werden, bis zum Jahr 2030 30 Prozent der Erde unter Schutz zu stellen.

Die Delegierten in Marseille stimmten über mehr als hundert Anträge ab. Dabei zeigt sich die für internationale Organisationen einzigartige Struktur der IUCN, wo nicht das Konsens-, sondern das Mehrheitsprinzip gilt: So forderte ein Antrag ein Moratorium für den Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee.

Dieser könnte bereits in zwei Jahren beginnen, wenn die Internationale Meeresbodenbehörde ISA erste Abbaulizenzen erteilt. Für das Moratorium stimmten 81 Länder, 18 Länder stimmten dagegen und 28 enthielten sich. Auch die Nichtregierungsorganisationen waren mit großer Mehrheit für das Moratorium. Bindend ist diese Abstimmung allerdings nicht. Letztlich entscheidet die ISA.

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