Streik an Berliner Krankenhäusern: Nicht leichtfertig

Kran­ken­haus­mit­ar­bei­te­r:in­nen haben diese Woche gestreikt – für Entlastung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Ihr Mut ist bewundernswert.

Zahlreiche Pflegekräfte nehmen an einer streikbegleitenden Kundgebung vor der Vivantes-Zentrale teil.

Pflegekräfte in Berlin fordern bessere Arbeitsbedingungen Foto: Jörg Carstensen/dpa

Wenn ich wegen einer Verletzung ins Krankenhaus muss, will ich nicht von überarbeiteten Pfle­ge­r:in­nen versorgt werden, sondern von solchen, die auf meine Bedürfnisse eingehen können, die Zeit haben, um mal in Ruhe ein Pausenbrot zu essen, solchen, die selbst ohne Schuldgefühle krank werden können. Doch Pfle­ge­r:in­nen und andere Kran­ken­haus­mit­ar­bei­te­r:in­nen sind überarbeitet und finden kaum Zeit, sich Pa­ti­en­t:in­nen in Ruhe zu widmen.

Deswegen streikte diese Woche das Personal an Berliner Krankenhäusern. Es sieht sich nicht imstande, seine ­Arbeit so auszuführen, dass sie den ­Pa­ti­en­t:in­nen gerecht wird. Es streikten unter anderem Auszubildende, Heb­ammen, Mit­ar­bei­te­r:in­nen in den Küchen und Laboren und Pfleger:innen, die bei Vivantes, der Charité oder ihren Tochtergesellschaften angestellt sind.

Sie gehören zur Berliner Krankenhausbewegung, die Entlastung und gleichen Lohn für die gleiche Arbeit fordert. Denn im Moment verdient man bei den Tochtergesellschaften wesentlich weniger.

Vivantes erwirkte gegen die Streikenden zwei einstweilige Verfügungen, der Streik von Mit­ar­bei­te­r:in­nen wurde kurzzeitig untersagt – bis das Berliner Arbeitsgericht am Dienstag bestätigte, dass gestreikt werden darf.

Gefährliche Arbeitsbedingungen

Das ist wichtig, weil sich wohl kaum jemand besser für die Mit­ar­bei­te­r:in­nen im Krankenhaus einsetzen kann als diese selbst. Die Wut über ihre Arbeitsbedingungen ist berechtigt, ihr Arbeitskampf ist seit Mai absehbar. Der Mut, die Arbeit zu bestreiken, um Forderungen durchzusetzen, ist bewundernswert: Diejenigen, die jetzt streiken, haben sich dagegen entschieden, wie andere Kol­le­g:in­nen den Beruf zu verlassen. Sie kommunizieren ihre Grenzen klar und zeigen Handlungsoptionen auf, die sie motivieren, weiterhin das zu machen, worin sie jahrelang ausgebildet wurden. Niemand lernt einen Beruf, damit er ihn hinterher aufgibt.

Die Streikenden verlassen ihre Arbeit dabei nicht leichtfertig. Intensivpflegerin Sultan Yologlu sagte über die Frage einer möglichen Gefährdung von Pa­ti­en­t:in­nen durch Streiks in der RBB-Abendschau: „Das, was vorher war, das war gefährlich. Dass ich drei Patienten, vier Patienten auf einer Intensivstation versorge, das ist gefährlich.“

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