Ferien und Fußball-Bundesliga: Liveticker am MSV-blauen See

In der Urlaubsferne lässt sich so ein Bundesligaspieltag am ehesten noch geräuschlos genießen. Eine Hertha-Niederlage hilft dabei ein wenig.

Gestikulierende unzufriedene Hertha-Spieler Niklas Stark und Kevin-Prince Boateng

Unzufriedene Herthaner: Bei manchen Be­ob­ach­te­r:in­nen weckt das ein Gefühl der Zufriedenheit Foto: Annegret Hilse/reuters

Zweiter Spieltag der Fußball-Bundesliga, also der wichtigsten Liga der Welt, jedenfalls in Deutschland. Und natürlich geht es schon wieder um alles, also um Auf- und Abstiege, Titel, Karrieren und ums Rechthaben. Vor allem mit Letzterem kann man schließlich gar nicht früh genug anfangen.

Am norwegischen Urlaubsort ist von den anstehenden Dramen und vor allem der ganz großen Begeisterung fürs Kicken allerdings kaum etwas zu spüren. Vor dem örtlichen Einkaufszentrum steht zwar ein Mann mit gleich zwei Vereinsschals in der Hand, aber die gehören zum nebenan gelegenen lokalen, notorisch erfolglosen Klub, der an diesem Samstagnachmittag ein Event namens „Fußball für alle“ anbietet. Soll ruhig jeder mal selber ausprobieren, wie schwer das ist, Tore zu schießen, hatten sich die Verantwortlichen vielleicht gedacht, dann würde das nachwochenendliche Gemecker in der Lokalzeitung möglicherweise auch mal aufhören, wäre ja auch schön.

In Deutschland wird derweil angepfiffen. Das ist ein bisschen ungünstig, denn einfach so das Fernsehen oder das Radio einzuschalten und das Geschehen in Frankfurt, Freiburg, Bochum, Fürth, Leverkusen und Berlin zu verfolgen, geht nicht. Das liegt einerseits daran, dass es in Norwegen nur wenig Gespür für die allgemeine Großartigkeit der Bundesliga gibt und lieber die Premier League geschaut wird. Und andererseits daran, dass die Sonne scheint und ein Ausflug an einen sehr netten See mit kleinem Sandstrand vorgesehen ist.

Natürlich wäre es möglich, per Handy deutsches Radio zu hören, aber da wären dann doch nur wieder sehr engagierte Kommentatoren zu hören, die in einer Tour aufgeregt und laut sind, und das wäre für einen der letzten Sommerurlaubstage einfach unangemessen anstrengend.

Endlichkeit von Träumen

Also Liveticker, auch nicht ideal, aber wenigstens akustisch entspannt, auch wenn sich gleich schon wieder abzeichnet, dass praktisch alle Vereine nicht das tun, was man von ihnen erwartet, also im Fall von Dortmund sich zusammenzureißen und ein furchteinflößender Bayern-Konkurrent zu sein und im Fall aller ­anderen netten Vereine gemütlich zu unterliegen.

Und so wird also in der Sonne gesessen und auf den blau vor sich hinplätschernden See geguckt, während über die Endlichkeit nachgedacht wird, vor allem die von Meisterträumen des BVB. Immerhin, bei der Hertha könnte es spannend werden. Ausgleich durch Baku in der 74., hmmm, da geht vielleicht noch was. Nun ist es nicht so, dass eine große Antipathie gegen den Berliner Klub vorliegt, aber eines Montagsnachmittags vor Jahren, Jaaahren, von einem damaligen Pressesprecher des Vereins zu Hause angerufen worden zu sein, hat der Sache der Hertha-Liebhaberei nicht eben geholfen.

Der Mann war nämlich schwer empört über einen Artikel, in dem seinem Arbeitgeber schweres Unrecht zugefügt worden sei, fand er, und brüllte deswegen ins Telefon: „Ich erwarte, dass Sie in einer halben Stunde in meinem Büro erscheinen und sich entschuldigen.“ Sicherheitshalber wiederholte er diesen Satz in ansteigender Lautstärke. Als ihm nach langen Minuten klar wurde, dass alles nicht so laufen würde, wie er sich das vorstellte, änderte er seine Taktik und sagte sehr, sehr freundlich; „Sie können auch eine Dauerpressekarte haben, wenn Sie möchten, Sie müssen mich nur fragen.“

Das war irritierend, aber nicht so irritierend wie die große Wespe, die sich für diesen Nachmittag vorgenommen hat, die deutsche Urlauberin zu ärgern und in einer Tour zu versuchen, in deren Haaren zu landen. Wer jemals die Wahl hatte zwischen einerseits von einem BVB-farbenen Insekt gestochen zu werden, aber dafür live eine Hertha-Niederlage mitzuerleben und andererseits in einen sehr kalten, aber immerhin MSV-blauen See zu springen, weiß, was zu tun ist.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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