Menschen ohne Papiere in Brüssel: Hungerstreik ausgesetzt

Belgiens Regierung hat den 475 Streikenden eine individuelle Prüfung versprochen. Doch ob sie ein Bleiberecht bekommen, ist offen.

Ein Mann hält ein Plakat hoch.

Protest vor dem Ort des Hungerstreiks in Brüssel Foto: Francisco Seco/ap

BRÜSSEL taz | Die Wende kam am belgischen Nationalfeiertag: In Brüssel haben 475 Migranten ihren Ende Mai begonnenen Hungerstreik ausgesetzt, mit dem sie ein Bleiberecht durchsetzen wollen. Zuvor war die belgische Föderalregierung auf die Papierlosen, die „Sans-Papiers“, zugegangen. Der für die Migrationspolitik zuständige Staatssekretär Sammy Mahdi habe eine individuelle Prüfung versprochen, sagten Unterstützer.

„Die Beendigung des Hungerstreiks ist die einzig richtige Entscheidung“, erklärte Ministerpräsident Alexander De Croo. Er betonte jedoch zugleich, dass sich die Regierung nicht erpressen lasse. Eine pauschale „Regularisierung“ werde es nicht geben, betonte der liberale Regierungschef. Allerdings war De Croo zuletzt selbst unter Handlungsdruck geraten – der Zustand war unhaltbar geworden.

Die Lage hatte sich dramatisch zugespitzt, nachdem die Mehrzahl der Migranten auch noch in einen „Durststreik“ getreten war. Einige „Sans-Papiers“ waren nach dem zweimonatigen Hungerstreik in akuter Lebensgefahr. Falls es zu Todesopfern kommen sollte, würden die sozialistischen Minister sofort die Regierung verlassen, warnte der stellvertretende Ministerpräsident, Pierre-Yves Dermagne. Auch die Grünen drohten mit Rückzug.

Für die ohnehin fragile Sieben-Parteien-Koalition hätte dies das „Aus“ bedeutet. Die Föderalregierung ist nach der Hochwasser-Katas­trophe, die auch Belgien hart getroffen hat, ohnehin in Bedrängnis. Nun bemüht sie sich darum, die Krise um die „Sans-Papiers“ möglichst schnell und geräuschlos zu lösen – mit einer Mischung aus Härte und einer Politik der ausgestreckten Hand.

Skepsis bei den Unterstützern

Bei den Unterstützern der Migranten, die zum Großteil aus Marokko und Algerien stammen, stößt dies jedoch auf Skepsis. „Wir nehmen die ausgestreckte Hand zur Kenntnis“, erklärte ein Sprecher des Unterstützerkomitees USPR. Mit seinem Gesprächsangebot habe Staatssekretär Mahdi die Basis für eine Aussetzung des Hungerstreiks gelegt. Nach der Beguinen-Kirche in Brüssel meldeten auch die Universitäten ULB und VUB einen Stopp der Aktionen.

Menschen in einem Bettenlager

Die Hungerstreikenden in der Kirche Saint-Jean-Baptiste-au-Beguinage in Brüssel am 21. Juli Foto: Francisco Seco/ap

Allerdings war zunächst unklar, wie weit das Dialogangebot der Regierung trägt. Nach Angaben der Unterstützer sieht es vor, dass die Migranten, die teilweise schon mehr als zehn Jahre illegal in Belgien leben, die Möglichkeit erhalten, ihren Aufenthalt und ihre Bedürftigkeit belegen und entsprechende Aufenthaltstitel zu erhalten. Auch die Option eines humanitären Schutzes liege auf dem Tisch.

Einen fertigen „Deal“ gebe es jedoch nicht, warnen die Unterstützer. Zudem sind einige Migranten in einem so schlechten Zustand, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Der Konflikt schwelt deshalb weiter – auch wenn der belgische Nationalfeiertag einen Wendepunkt markiert.

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