EU-Ultimatum an Polen und Ungarn: Eine zu lasche Drohung

Polens Regierung wird sich vom EU-Ultimatum kaum einschüchtern lassen. Will Brüssel wirklich etwas bewirken, muss es Warschau den Geldhahn abdrehen.

Premier Morawiecki und Kommissionspräsidentin von der Leyen vor Flaggen.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und der polnische Premier Morawiecki im Juli in Brüssel Foto: Pascal Rossignol/Pool/ap

Mit einem „Ultimatum“ will die Europäische Kommission Polen zur Raison bringen. Warschau soll endlich wieder Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) anerkennen. Wenn Polen bis zum 16. August die Disziplinarkammer am Obersten Gericht nicht auflöst und dessen bisherige Entscheidungen für Null und Nichtig erklärt, dann… Ja, dann passiert erst mal gar nichts.

Das „Ultimatum“ sieht vielmehr vor, dass die Kommission nach einer gewissen Zeit und auch nur eventuell ein Strafgeld gegen Polen beim EuGH beantragen kann. Die Europäische Kommission muss sich nicht wundern, dass die in Polen regierenden Nationalpopulisten von der Recht und Gerechtigkeit (PiS) sie nicht besonders ernst nehmen. In Warschau jedenfalls kümmert das Brüsseler Ultimatum kaum jemanden.

Denn bis die Kommission dann endlich den Antrag stellt – wenn überhaupt – hat die mit EU-Recht unvereinbare Disziplinarkammer längst weitere Richter „diszipliniert“, die nicht bereit sind, Urteile im Sinne der Partei zu fällen. Sollte dann doch irgendwann die Forderung nach einem Bußgeld in Warschau eintreffen, wird die PiS-Regierung dies empört zurückweisen und stattdessen den EuGH beschuldigen, sich Kompetenzen anzumaßen, die ihm nicht zustehen.

Statt täglich Strafe zu zahlen und die Disziplinarkammer schließlich doch zu schließen, wird die PiS dreist und lautstark Geld aus Brüssel fordern. Die erste Rate aus dem Corona-Aufbaufonds wird im Herbst fällig. Insgesamt soll Polen in den nächsten sieben Jahren rund 170 Milliarden Euro aus Brüssel erhalten, darunter rund 64 Milliarden aus dem Wiederaufbaufonds. Zwar fordern immer mehr Politiker:Innen, dass die Kommission die Rechtsstaatlichkeitsklausel anwenden soll.

Diese wurde zusammen mit dem Sieben-Jahresbudget verabschiedet und soll bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit das Kappen von Fördergeldern ermöglichen. Allerdings haben Polen und Ungarn Klage beim EuGH gegen diese Klausel eingereicht. Die Kommission will dieses Urteil abwarten. Dabei ist schon heute klar, dass die PiS die Demontage von Rechtsstaat und Demokratie in Polen nur einstellen wird, wenn die Kommission „das große Geld“ einfriert.

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