Kampf gegen Korruption: Deutschland tut zu wenig

Das Land gehöre auf die Schwarze Liste, finden Antikorruptionsverbände: Jedes Jahr gebe es kriminelle Finanztransaktionen über 100 Milliarden Euro.

Ein Mann steckt sich ein Bündel Euro-Scheine in die Innentasche seines Jackets

Gegen Geldwäsche werde in Deutschland nicht genug vorgegangen, sagt Transparency International Foto: Ute Grabowsky/imago

BERLIN taz | Maskenprovisionen für Politiker über karibische Fonds, Briefkastenfirmen in Steueroasen, Milliardentransfers aus dem Wirecard-Vermögen – die Liste dubioser Finanztransaktionen mit deutscher Beteiligung ließe sich fortsetzen. Im Kampf gegen Geldwäsche und Finanzschiebereien hat sich nach Einschätzung der Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) noch viel zu wenig getan.

„Der politische Wille ist das größte Problem“, sagte Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit am Dienstag in Berlin. In der Politik wachse das Problembewusstsein nur langsam. Er hat für TI in einer Studie den Handlungsbedarf ermittelt.

TI schätzt das Volumen des jährlich gewaschenen illegalen Vermögens auf rund 100 Milliarden Euro – allein in Deutschland. EU-weit geht der europäische Rechnungshof von rund 250 Milliarden Euro aus. Die hierzulande unzulänglichen Strukturen im Kampf gegen Geldwäsche lockten kriminelle Gelder geradezu an. Ein Beispiel dafür ist der Berliner Wohnungsmarkt. Bei jeder zehnten Wohnung ist der wirtschaftlich Berechtigte den Behörden laut TI nicht bekannt. Das könnten etwa auch kriminelle Eigentümer internationaler Fonds sein.

„Deutschland gehört eigentlich auf die Schwarze Liste“, sagte Trautvetter. Das Land werde bei der im Herbst anstehenden Überprüfung der Aktivitäten gegen Geldwäsche durch die Financial Action Task Force (FATF), einer von den G7 gegründeten internationalen Organisation, nicht bestehen. Der Grund: Es mangele an schlagkräftigen Strukturen.

Hauskauf nicht mehr cash

Ein großer Schwachpunkt sind für Trautvetter die Zahlungen mit großen Mengen Bargeld. TI fordert eine Obergrenze dafür. Normale Zahlungen mit Scheinen und Münzen sollen davon nicht betroffen werden, wohl aber der Kauf eines Hauses oder teurer Schmuckstücke. Die Forderung ist nicht neu, scheitert aber bisher an politischem Widerstand.

Die von TI geforderte Radikalkur beginnt bereits bei der Bestandsaufnahme. Exakte Daten zu Ausmaß und Praxis der Geldwäsche fehlen bisher in Deutschland, etwa zu Eigentümerstrukturen auf dem Immobilienmarkt oder dem Umfang von Bargeldgeschäften.

Zudem plädiert TI für eine bessere Personalausstattung der Behörden sowie ein umfangreiches Transparenzregister. Damit will die Organisation die Anonymität von Briefkastenfirmen beenden und die wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen oder Immobilien sichtbar machen. Zudem schlägt TI eine Reform des Straftatbestands der Geldwäsche vor. Weiter sollen illegal erworbene Vermögen verstärkt abgeschöpft werden. In Berlin und München haben die Behörden bereits Immobilien wegen der sogenannten „Clankriminalität“ eingezogen. Vor allem aber plädiert Trautvetter für mehr nationale wie internationale Vernetzung. „Es muss eine Finanzpolizei geben“, sagte der Experte.

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