Zunehmende Negativzinsen bei Banken: Symptom des Machtgefälles

Banken nutzen die Alternativlosigkeit von Klein­spare­r:in­nen aus. Sie verlangen Negativzinsen ab immer geringeren Einlagesummen.

Drei Kundinnen und vier Geldautomaten der Berliner Sparkasse am Alexanderplatz Berlin

Negativzinsen vermeiden? Die Möglichkeiten sind begrenzt Foto: Stefan Zeitz/imago

Es wird enger auf dem Markt der Geldanlagen. Die Zahl der Banken, die Negativzinsen erheben, steigt, während sich das Limit, ab dem diese greifen, immer weiter unten einzupendeln scheint: Die ING, größte Direktbank in Deutschland, hat es gerade auf 50.000 Euro gelegt. Andere werden sich daran ein Beispiel nehmen.

Nun sind Negativzinsen ein heikles Thema, weil es an vielen Problemen kratzt: an der Ungleichverteilung von Vermögen, an der Frage, in welche Anlageformen Geld fließt und was das für gesellschaftliche Auswirkungen hat – Stichwort Immobilienpreise und Mieten.

Dabei sind Tagesgeldkonten – auf die zunehmend Negativzinsen erhoben werden – gerade für Menschen mit wenig Erspartem attraktiv. Zwar ist die Rendite niedrig, aber das Geld schnell verfügbar – etwa in einer finanziellen Notlage in der Pandemie. Wer viel Geld hat, wird ohnehin eher auf Aktien, Immobilien oder Kunst setzen.

Negativzinsen sind auch ein Symptom des Machtgefälles zwischen Banken und Verbraucher:innen. Der Mechanismus ist aus anderen Branchen bekannt: Dort, wo die Bedingungen für Kun­d:in­nen schlecht sind, muss sich niemand Mühe geben, es besser zu machen.

Analog läuft gerade die Entwicklung bei den Banken: Je mehr von ihnen den Kun­d:in­nen Geld abknöpfen – ob nun in Form von Gebühren, Beiträgen oder eben als Negativzinsen –, desto mehr Banken werden nachziehen. Das muss im Einzelnen nicht einmal gerechtfertigt sein, aber sie können es eben. Weil es der Markt hergibt.

Die Möglichkeiten der Kun­d:in­nen sind begrenzt. Widersprechen, mit dem Risiko, dass die Bank das Konto kündigt? Und die Monate darauf immer gut die eigenen Schufa-Werte im Blick behalten, um schnell reagieren zu können, falls sich da ungerechtfertigterweise etwas in eine negative Richtung verschiebt? Die Bank wechseln? Und wohin? Da ist die Devise bei vielen eher: Erspartes unters Kopfkissen packen. Ja, auch die Nachfrage nach Bargeld ist zuletzt gestiegen. Schlechte Zeiten für Kleinsparer:innen.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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