Bundestag erhöht Tabaksteuer: Kippen werden teurer

Die Preise für Zigaretten steigen ab 2022 leicht. Besonders hohe Aufschläge gibt es bei Tabakerhitzern und E-Zigaretten. Der Staat erleichtert die Entwöhnung.

Eine zerknüllte Zigarettenschachtel, in der noch ein paar frische Zigaretten sind, liegt auf einer Friedhofsmauer

Zeit zum Aufhören Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN afp/dpa/taz | Raucher müssen ab dem kommenden Jahr für Zigaretten, Zigarren oder Zigarillos wohl tiefer in die Tasche greifen. Der Bundestag stimmte in der Nacht zu Freitag mehrheitlich einer Reform der Tabaksteuer zu. Auch das Dampfen von E-Zigaretten und Tabakerhitzern wird höher besteuert.

Besonders stark dreht der Gesetzgeber bei E-Zigaretten und Tabakerhitzern an der Steuerschraube – diese Produkte waren bisher nur schwach besteuert, das ändert sich künftig. Für ein 10-Milliliter-Liquid, das derzeit rund 5 Euro kostet, sollen 2022 1,60 Euro mehr Steuern anfallen, bis 2026 soll dieser Wert auf 3,20 Euro steigen.

Der Finanzausschuss des Bundestags hatte den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts bereits am Mittwoch beschlossen und dabei eine Reihe von Änderungen vorgenommen, unter anderem eine Anpassung der Steuertarife. Je Zigarette ist nun eine Erhöhung auf 12,28 Cent geplant statt bisher 11,1 Cent.

Zudem wird die Besteuerung von Liquids für E-Zigaretten um nikotinfreie Substanzen erweitert – die Besteuerungsgrundlage wird von Milligramm Nikotin auf Millimeter der Substanz umgestellt. Außerdem soll eine zusätzliche Steuer für Wasserpfeifentabak eingeführt werden.

Kritik von E-Zigarettenhandel

Scharfe Kritik an der Reform der Tabaksteuer, mit der sich auch noch der Bundesrat befasst, äußerte der Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH). Liquids allgemein höher zu besteuern als Tabakzigaretten „und damit das 95 Prozent geringere Schadenspotenzial zu ignorieren, ist gesundheitspolitischer Wahnsinn“, erklärte der Verband und warnte vor einer Rückkehr der Konsumenten zur Tabakzigarette.

Es bleiben aber sehr deutliche fiskalische Sprünge für die neuartigen Produkte, die bisher nur niedrig besteuert sind. Aus der Branche hieß es, dass sich der Preis für eine Packung Tabakerhitzer im kommenden Jahr um mehr als 40 Prozent erhöhen würde, wenn die Steuererhöhung eins zu eins an den Konsumenten weitergereicht wird.

Claudia Oeking vom Tabakkonzern Philip Morris, der neben klassischen Kippen („Marlboro“) auch Tabakerhitzer („Iqos“) verkauft, äußerte ebenfalls Kritik. Es sei unverständlich, dass Tabakerhitzer deutlich stärker besteuert werden sollen als bisher. Ihrer Ansicht nach sollte ein solches Produkt niedrig besteuert werden, um eine Lenkungswirkung weg von Zigaretten und hin zu den neuartigen Produkten zu erzielen.

E-Zigaretten und Tabakerhitzer enthalten deutlich weniger Schadstoffe als Tabakzigaretten. Kritiker wie das Deutsche Krebsforschungszentrum betonen aber, dass ihre Langzeitschäden noch unklar seien – sie fordern daher auch für E-Zigaretten und Tabakerhitzer eine hohe Steuer, um sie unattraktiv zu machen.

Shisha-Tabak teurer

Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) sah in der vom Ausschluss angenommenen Gesetzesänderung Licht und Schatten. Mit Blick auf das Steuerplus bei normalen Zigaretten sagte sie dem SWR am Mittwoch, dass sie sich einen höheren Aufschlag hätte vorstellen können. Positiv wertete sie hingegen das Vorhaben, Shisha-Tabak stärker zu besteuern als bisher: Pro Kilo ist 2022 ein Steueraufschlag von 15 Euro geplant. Bisher ist die Tabaksteuer hier sehr gering. Eine Erhöhung sei wichtig, „weil Shisha genauso gefährlich ist wie eine normale Zigarette und abhängig macht, aber total unterschätzt wird“, sagte Ludwig dem Sender. Jeder vierte Deutsche ist nach wie vor Raucher.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass eine um zehn Prozent höhere Tabaksteuer zu einem Rückgang des Rauchens bei Jugendlichen und Menschen mit niedrigem Einkommen um bis zu 13 Prozent führe. Somit sei die geplante Anhebung „ein guter Schritt Richtung Jugendschutz“, betonte Ludwig. In Deutschland sterben pro Jahr nach Zahlen der Drogenbeauftragten 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.

Von ihrer Sucht wegzukommen, fällt vielen Rauchern schwer – am Geld soll das künftig seltener scheitern. Deshalb werden nicht nur die Tabaksteuern erhöht, Medikamente für einen Tabak-Ausstieg sollen nach Plänen der großen Koalition künftig auch von der Kasse bezahlt werden können. Dies beschloss der Gesundheitsausschusses des Bundestags bereits am Mittwoch.

Konkret sollen gesetzlich Versicherte, bei denen „eine schwere Tabakabhängigkeit“ festgestellt wurde, künftig Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung bekommen. Welche Medikamente unter welchen Voraussetzungen in Therapieprogrammen verordnet werden können, soll der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen festlegen. Eine Folge-Versorgung mit solchen Mitteln soll frühestens nach drei Jahren möglich sein. Die vom Ausschuss angenommenen Pläne sollen an ein anderes Gesetz angehängt werden, das der Bundestag am Freitag beschließen soll.

„Tabakentwöhnung wird zur Kassenleistung“, sagte Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) der dpa. Dies sei ein fundamentaler Wechsel in der Drogenpolitik. „Damit erleichtern wir rund drei Millionen schwer abhängigen Raucherinnen und Rauchern den Ausstieg aus einer Droge, die oft zu schweren Erkrankungen führt.“ Im Rahmen anerkannter Programme bekämen sie Anspruch auf Entwöhnung mit Nikotinpflastern und Arzneimitteln.

Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar sagte der dpa, vorbeugende Maßnahmen wie Werbebeschränkungen, Warnaufdrucke oder Präventionskampagnen seien wertvoll. Sie reichten aber allein offensichtlich nicht aus, um Erkrankungen zu vermeiden. Der einmalige Leistungsanspruch auf Arzneimittel sei da eine wichtige Ergänzung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.