Maßnahmen gegen die Klimakrise: Hört auf die Mehrheit!

Wenn Menschen wissen, worum es geht, und mitreden können, sind sie offen für mutige Maßnahmen. Was wir noch brauchen: Eine mutige nächste Regierung.

Bei einer Fahrraddemo fahren Menschen auf einer Autobahn mit dem Fahrrad

Mutige Maßnahmen erfordern Aufklärung von Seiten der Politik Foto: Imago

Wenn über die Zukunftsfähigkeit dieses Landes diskutiert wird, wie am Donnerstag im Bundestag anlässlich des neuen Klimaschutzgesetzes, gibt es ein großes Schreckgespenst: den Wutbürger, die Wutbürgerin. Kein Windpark, keine Benzinpreisdebatte, keine Fleischdiskussion ohne den besorgten Ausruf: „Das verstehen die Menschen nicht! Wir dürfen sie nicht überfordern!“ Und schon liegt der Windpark auf Eis, kaum jemand traut sich, etwas zu höheren Benzinpreisen zu sagen, und über das Problem Fleischkonsum wird nicht mehr geredet.

Es könnte aber sein, dass die Leute gar nicht so empfindlich sind, wie die Politik denkt. So hat es eine Teilnehmerin beim „Bürgerrat Klima“ formuliert, der ebenfalls am Donnerstag seine Forderungen vorgestellt hat. 160 Personen aus allen Schichten, per Zufallsgenerator ausgewählt und anschließend von Experten gut informiert, stellten sich die Frage: Wie soll Klimaschutz aussehen? Das Ergebnis: Energisch, transparent und schnell soll er sein.

Wenn die Leute wissen, worum es geht, und mitreden können, sind sie anscheinend offen für mutige Maßnahmen. Natürlich sind es nur Absichtserklärungen, natürlich büßen die Grünen ein paar Prozentpunkte ein, wenn sie ehrlich von höheren Benzinpreisen reden. Aber seit Jahren ergeben Erhebungen und Befragungen, dass Menschen zu erstaunlich drastischen Schritten bereit sind, wenn man ihnen reinen Wein einschenkt.

Das große Versäumnis der 16 Jahre Kanzlerschaft von Angela Merkel beim Klima war, dass sie sich allzu gern ins Bockshorn jagen ließ – aus Angst vor der Wirtschaftslobby, der eigenen CDU/CSU-Fraktion und der lautstarken Minderheit gegen Windkraft und für freies Rasen. Es war so bequem, mit dem Verweis darauf, „was möglich ist“, wie Merkel es nannte, das nicht zu tun, was nötig ist.

Nicht vor den Bremsern bibbern

Aber wer auf die Mehrheit hört und nicht auf die Polemiker, die AfD und die Bild-Schlagzeilen, findet Allianzen und Partner, um die Zukunft zu gewinnen. Darin liegt auch der Erfolg der Grünen, die sich bei bislang unerhörten 20 Prozent Zustimmung einpendeln. Sie sagen den Leuten in der Klimapolitik zumindest ansatzweise die Wahrheit und gaukeln ihnen nicht vor, nichts werde sich ändern, wenn sich alles ändert.

Von der nächsten Regierung müssen wir vor allem erwarten, dass sie – pardon – einen Arsch in der Hose hat. Wenn sie den Menschen erklärt, worum es geht, und sie ermutigt, statt vor den Bremsern zu bibbern, dann wird ein großer Teil des Landes mitmachen. Das reicht aus. Demokratie heißt, dass die Mehrheit bestimmt. Und nicht, dass die laute Minderheit alles blockiert.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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