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Geschlossen im Ungefähren

Die Parteichefs von CDU und CSU präsentieren ihr gemeinsames Wahlprogramm. Viele Fragen bleiben offen

Von Sabine am Orde

Da geben sich zwei Männer sichtlich Mühe, Geschlossenheit auszustrahlen. CDU-Chef Armin Laschet, gleichzeitig Kanzler­kandidat der Union, und Markus Söder, Vorsitzender der CSU, stehen am Montagmittag vor einer blauen Wand und stellen das von den Parteispitzen soeben verabschiedete Wahlprogramm der Union für die Bundestagswahl vor. ­

Laschet spricht vom „lieben Markus“, von Gemeinsamkeit und Entschlossenheit, Söder sagt „lieber Armin“ und ­betont, die „zehn spannenden Tage“ seien ausgeräumt und verarbeitet. Diese zehn Tage, die sind die Zeit, die der erbitterte Machtkampf der beiden Männer um die Kanzlerkandidatur der Union dauerte. Doch natürlich wissen beide: Streit schreckt die Wäh­le­r:in­nen ab.

Jetzt also, 98 Tage vor der Bundestagswahl, setzt die Union auf Geschlossenheit und hat auch ein Wahlprogramm. Es ist 140 Seiten stark, nennt sich „Programm für Stabilität und Erneuerung“ und beginnt mit einem Bekenntnis zu Frieden, Freiheit, Menschenrechten – und Europa.

Das Papier versucht zweierlei: Es betont die Notwendigkeit eines Neustarts nach der Coronapandemie, verspricht Klimaschutz, eine Modernisierung des Staats, Wirtschaftswachstum – ein „Modernisierungsjahrzehnt“ also, wie Laschet es gerne und häufig nennt.

Und gleichzeitig stellt es Stabilität heraus, die nur mit der Union gesichert sei. „Sicherheit im Wandel“ ­nennen CDU und CSU das. Viele Details aber lässt die Union dabei ebenso wie die ­Finanzierungsfrage lieber offen. Sie lehnt Steuererhöhungen ab und bekennt sich zur Schuldenbremse. Wo dann das Geld für Klimaschutz, Modernisierung und Generationengerechtigkeit herkommen soll? Die Lösung der Union: Die Wirtschaft soll durch ein „Entfesselungspaket“ wachsen und so mehr Steuern zahlen.

Es sei eben eine Grundsatzfrage, sagt Laschet, ob man an den Erfolg dieser Methode oder an den von Steuererhöhungen glaube. Und Söder betont: Nach der Bundestagswahl müsse Kassensturz gemacht werden, denn mit dem Vertrauen in SPD-Finanzminister Olaf Scholz stehe es nicht mehr zum Besten. Sollte nach der Wahl also etwas nicht finanzierbar sein, hat Söder einen Schuldigen bereits ausgemacht.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sprach im Gegenzug von „sozialer Kälte“. „Union wählen muss man sich leisten können“, kritisierte auch der Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler von den Grünen, dem derzeit wahrscheinlichsten Koalitionspartner. Große Zukunftsinvestitionen seien mit dem Programm nicht finanzierbar. Und laut Otto Fricke, Kindlers Kollege von der FDP, sind die Unions-Vorhaben verantwortungslos und widersprüchlich.

Trotz aller betonten Gemeinsamkeit wird die CSU auch noch einen eigenen „Bayernplan“ vorstellen. Als Laschet, nach der Höhe des Benzinpreises gefragt, sich nicht ganz festlegen will, wirft Söder ein: „Also er liegt bei 1,55 bei Benzin und bei 1,25 bei Diesel.“ Ganz lassen kann Söder es mit den Seitenhieben offensichtlich nicht. Dabei dürfte Geschlossenheit für den Erfolg der Union wichtiger sein als das Wahlprogramm.