Alternative zur Vorratsdatenspeicherung: Login-Fallen gegen Hetze

Auf der Innenministerkonferenz wird eine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung diskutiert, um besser gegen Hass im Internet vorgehen zu können.

Auf einer Polizeiwache sitzt ein Polizist am Bildschirm seines Computers

Geht das? Effektive Strafverfolgung von anomymen Het­ze­r:in­nen? Foto: Karsten Thielker

KARLSRUHE taz | Mit Login-Fallen könnte Hetze im Netz grundrechtsschonender bekämpft werden. Ein entsprechendes Konzept wollen jetzt die In­nen­mi­nis­te­r:in­nen von Bund und Ländern prüfen. Es wurde von dem linken digitalpolitischen Thinktank D64 entwickelt.

Anlass der Diskussion ist die bald in Kraft tretende Anzeigepflicht für strafbare Hetze in sozialen Netzwerken. Die Netzwerke müssen strafbare Hasspostings dann dem Bundeskriminalamt melden. Es besteht aber die Gefahr, dass viele Tä­te­r:in­nen nicht identifiziert werden können, weil die Internetprovider die IP-Adressen und ihre Zuordnung oft nur einige Tage speichern. Die bisherigen Lösungsvorschläge waren problematisch.

Per Vorratsdatenspeicherung könnten Internetprovider verpflichtet werden, die IP-Adressen aller In­ter­net­nut­ze­r:in­nen monatelang auf Vorrat zu speichern. Doch die Massenspeicherung ist politisch und juristisch umstritten. Verfahren beim Europäischen Gerichtshof und beim Bundesverfassungsgericht laufen noch.

Auch eine Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken hätte mehr Nachteile als Vorteile. Wenn alle nur noch unter normalen Namen posten dürfen, würden gerade Frauen und Angehörige von Minderheiten noch mehr Opfer von Mobbing.

Alternative ist nun das Konzept der Login-Falle. Wenn ein Nutzer mit dem Pseudonym „arischer Wolf“ in Netzwerken hetzt, könnte der Netzwerkbetreiber verpflichtet werden, beim nächsten Login des „arischen Wolfs“ dessen aktuelle IP-Adresse zu registrieren und sofort der Polizei zu übermitteln. Dieser Vorschlag bräuchte keine Gesetzesänderung, nur eine direkte und automatisierte Kommunikation zwischen Polizei und Betreibern.

Entwickelt hat den Vorschlag der digitalpolitische Thinktank D64, der früher als SPD-nah galt. Erst am Montag wurde das Konzept vorgestellt. Dass die Idee vier Tage später schon Eingang in einen Beschluss der Innenministerkonferenz findet, ist rekordverdächtig, zeigt aber, dass das Konzept Substanz zu haben scheint. Vor allem der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius hatte sich dafür starkgemacht.

Die Identifizierung von Straftätern in sozialen Netzwerken war aber nur eines von rund siebzig Themen der Innenministerkonferenz (IMK). So wollen die Innenminister auch die Erfassung von frauenfeindlichen Straftaten in der Kriminalstatistik auf den Weg bringen. „Es geht um Taten, bei denen Frauen Opfer werden, weil sie Frauen sind“, sagte Thomas Strobl, der CDU-Innenminister von Baden-Württemberg. Und Boris Pistorius ergänzte: „Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet, meist ging häusliche Gewalt voraus“. Die verbesserte Statistik soll aber kein Selbstzweck sein, sondern als Grundlage für Präventionskonzepte dienen.

Auch bei antisemitischen Straftaten soll die Statistik verbessert werden. Bisher wurden diese automatisch dem Bereich Rechtsextremismus zugeordnet, wenn keine anderen Indizien vorlagen. Daran gab es zuletzt heftige Kritik, weil islamistischer Antisemitismus so nicht deutlich genug werde. Die Polizei wurde von den Innenministern nun aufgefordert, genauer hinzuschauen. „Wir wollen mehr Präzisierung“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), „es soll weniger ungeklärte Fälle geben, die dann automatisch dem Rechtsextremismus zugeschlagen werden.“

Schon vor der Innenministerkonferenz hatte die Bundesregierung beschlossen, afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr gearbeitet hatten mit ihren Kernfamilien auf Wunsch nach Deutschland zu holen. Nach Abzug der westlichen Soldaten aus Afghanistan bestehe für sie Lebensgefahr. Die Länderminister forderten die Bundesregierung zudem auf, die Flugkosten zu übernehmen.

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