Rückenwind für Laschet

Angespannt erwarteten die Christdemokraten die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Der überraschend deutliche Erfolg von Reiner Haseloff kommt Kanzlerkandidat Armin Laschet sehr zupass

General­sekretär Paul Ziemiak freut sich über Haseloffs Wahlergebnis. Es hilft seinem Chef Laschet überausFoto: Christoph Soeder/dpa

Von Sabine am Orde

Paul Ziemiak wirkt gelöst, als er am frühen Sonntagabend in der Berliner CDU-Parteizentrale vor die Fernsehkameras tritt. Und der CDU-Generalsekretär hat auch allen Grund dazu. Für die CDU ist die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nach ersten Prognosen überraschend gut gelaufen. Die Christ­de­mo­kra­t:in­nen sind mit Reiner Haseloff an der Spitze stärkste Kraft und haben im Vergleich zu 2016 sogar dazugewonnen. Die AfD liegt deutlich dahinter. Und es könnte sogar sein, dass es nicht nur für die Fortsetzung der Kenia-Koalition mit SPD und Grünen reicht, sondern auch eine Dreierkonstellation mit SPD und FDP möglich wird. Mit einer gestärkten CDU. Mehr war nicht zu erwarten.

„Heute ist ein guter Tag“, sagt denn auch Paul Ziemiak und lächelt dabei. Der CDU-Generalsekretär spricht von einem „sensationell guten Ergebnis“ und dass die CDU „unglaublich viel aufgeholt“ habe. Es sei der größte Zuwachs bei CDU-Wahlergebnissen seit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Seitdem ist Parteichef Armin Laschet dort Ministerpräsident. Die Christ­de­mo­kra­t:in­nen in Sachsen-Anhalt, so Ziemaik weiter, hätten klar auf die Mitte gesetzt und geschlossen agiert, das sei das Erfolgsrezept.

Es sei ein persönlicher Sieg von Reiner Haseloff, dem ganzen Team in Sachsen-Anhalt und auch der gesamten CDU. „Reiner Haseloff und Armin Laschet haben gemeinsam Wahlkampf gemacht, diese Geschlossenheit hat sich ausgezahlt.“ Genauso werde die CDU dies im Bundestagswahlkampf handhaben.

Natürlich hat die Landtagswahl im kleinen und bevölkerungsarmen Sachsen-Anhalt nur eine begrenzte Aussagekraft für die Lage bundesweit. Aber es die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im September – und die erste, seitdem die Union CDU-Chef Armin Laschet zu ihrem Kanzlerkandidaten ausgerufen hat. Insofern gilt sie auch als Stimmungstest für die Bundes-CDU und ihren Vorsitzenden, die weiterhin mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen haben.

„Haseloff und Laschet haben gemeinsam Wahlkampf gemacht“

Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär

In der CDU hatte man in den vergangenen Wochen eher versucht, die Bedeutung der Landtagswahl herunterzuspielen. Der Grund dafür: In den Umfragen sah es zwischendurch so aus, als würden sich die Christdemokraten mit der AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Platz als stärkste Kraft im Land liefern – und als könnte es eben auch passieren, dass die CDU dieses Rennen verliert. Sachsen-Anhalt sei ein nur kleines Land mit gerade mal 1,8 Millionen Wahlberechtigten, kein Vergleich also etwa mit NRW, so lautete die Erzählung.

Viel zu gewinnen schien es für Laschet in Sachsen-Anhalt ohnehin nicht zu geben. Ein Sieg wird vor allem als Erfolg von Ministerpräsident Haseloff verbucht werden. Dieser hatte sich immer wieder von der Bundespolitik abgesetzt und wollte mit Laschet nicht viel zu schaffen haben. Erst zog er Friedrich Merz als Parteichef vor, dann CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten. Die CDU in Sachsen-Anhalt hatte Wahlkampfauftritte mit Laschet lange offen gelassen. Erst nachdem Merz und Söder gemeinsam mit Haseloff im Land unterwegs waren, trat dieser auch mit seinem Bundesvorsitzenden auf. Bei einer Niederlage hätte es geheißen: Der Rückenwind aus der Bundespolitik und der CDU-Spitze hat gefehlt.

Für Laschet hätte das bedeutet, dass die alte Diskussion wieder aufbricht: Ist der Rheinländer der richtige Kanzlerkandidat? Kann die CDU mit ihm an der Spitze überhaupt Wahlen gewinnen? Zuletzt hatten die Christ­de­mo­kra­t:in­nen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz historische Niederlagen einstecken müssen, Laschet war da frisch als Parteichef im Amt.

Zudem wäre bei einer Niederlage in Sachsen-Anhalt zu befürchten gewesen, dass in der dortigen CDU die Diskussion über eine Zusammenarbeit mit der AfD wieder beginnt. Eine Debatte über eine bröckelnde Abgrenzung nach rechts aber hätte Laschet geschadet. Zumal er hier durch den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, der in Thüringen für den Bundestag kandidiert, ohnehin angreifbar ist.

Jetzt aber geht ein Aufbruchssignal von Sachsen-Anhalt aus – und das Zeichen, dass die CDU noch gewinnen kann. Oder, wie Generalsekretär Ziemiak am Abend im Konrad-Adenauer-Haus sagt: „Das ist Rückenwind für die Bundestagswahl.“ Das Ergebnis in Sachsen-Anhalt mache klar, dass die Menschen in unsicheren Zeiten auf Persönlichkeiten setzen, die versöhnen statt spalten. Und dass sie einen klaren Kurs der politischen Mitte wollen. Dafür stehe Haseloff, aber eben auch Armin Laschet.

Der CDU-Chef selbst äußerte sich am Sonntag nicht. Er war am Samstag von der NRW-CDU mit 99,1 Prozent auf Platz eins ihrer Landesliste für die Bundestagswahl gewählt worden. Um ein Direktmandat in seiner Heimatstadt Aachen bewirbt Laschet sich nicht. Das ist zwar ungewöhnlich, ganz unwahrscheinlich ist aber trotzdem, dass er den Einzug in den Bundestag verpassen wird. Bei der letzten Wahl zog zwar die überwiegende Mehrheit der NRW-Christdemokrat:in­nen über ein Direktmandat in den Bundestag ein, vier Mandate aber wurden über die Landesliste vergeben.

Laschet beschwor seine Partei am Samstag, ihn geschlossen im Kampf um das Kanzleramt zu unterstützen. „Ich will der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden“, sagte er in Düsseldorf. Am Montag wird Laschet nach der Sitzung der Parteigremien gemeinsam mit Haseloff in Berlin eine Pressekonferenz geben. Viel spricht dafür, dass sich die beiden Herren auf diesen Auftritt freuen.