AfD und CDU gegen Muslim-Staatsvertrag: Alles Antisemiten?

In Hamburg wollen AfD und CDU den Staatsvertrag mit den Muslimen aussetzen. Der Grund: antisemitische Demoaufrufe einer Moschee in der Vergangenheit.

Zankapfel Imam-Ali-Moschee: Trägt der Staatsvertrag zur Zähmung der radikalen Schiiten bei? Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Der Staatsvertrag mit der Schura Hamburg, dem Rat der Islamischen Gemeinschaften, soll ausgesetzt werden. Das fordern CDU und AfD in Anträgen zur Junisitzung der Hamburgischen Bürgerschaft. Ihr Vorwurf: Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), welches zur Schura gehört, steht unter besonderer Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die schiitische­ Moschee ist eng mit dem iranischen Regime verbunden. In der Vergangenheit hatte das IZH mehrfach zur Teilnahme an den alljährlichen Demonstrationen zum „Al-Quds-Tag“ in Berlin aufgerufen, an dem jeweils am letzten Freitag im Ramadan im Iran organisierte Massendemonstrationen gegen Israel stattfinden.

Deswegen fordert die CDU schon seit einigen Jahren, dass die Verträge ausgesetzt oder beendet werden. Das IZH mit der häufig fotografierten „Blauen Moschee“ an der Schönen Aussicht in Uhlenhorst gehöre zum „islamistischen Spektrum“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde für Inneres. Laut CDU dulde die Schura damit Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit in den eigenen Reihen.

Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU, gehört zu den Antragstellern. Er fordert eine Aussetzung des Staatsvertrags mit der Schura, solange das „antisemitische IZH“ dort geduldet werde. Obwohl die AfD Ähnliches fordert, distanziert sich Gladiator von der Partei: Der Antrag der CDU sei ganz anders als jener der AfD.

Seine Forderung begründet Gladiator mit dem allgemein vermehrten Aufkommen antisemitischen Gedankenguts. Das eindeutigste Zeichen dafür sei die Kundgebung vom 28. Mai auf dem Steindamm gewesen, die der Verfassungsschutz als antisemitisch bewertete. Weder Schura noch das IZH standen jedoch mit der Kundgebung in Verbindung. Die Schura hatte sich von der Demonstration sogar distanziert.

AfD: Antisemitismus „überwiegend islamisch geprägt“

Die AfD geht noch einen Schritt weiter: „Der gegenwärtig in Deutschland aufkeimende Antisemitismus ist überwiegend islamisch geprägt“, heißt es in ihrem Antrag. Die Schura sei „von Islamisten unterwandert worden“ und müsse deshalb vom Staatsvertrag „ausgeschlossen werden“, der „nach dem Ablauf von zehn Jahren in seiner gegenwärtigen Form nicht zu verlängern“ sei. Das wäre im kommenden Jahr.

Özlem Nas, Vorstandsmitglied der Schura Hamburg, ermüden die Forderungen von CDU und AfD: „Dieser mantraartige Ruf nach Kündigung des Staatsvertrages ist schon Tradition geworden.“ Es störe einige, dass ein Austausch auf Augenhöhe stattfinde. Dass AfD und CDU Antisemitismus als Grund für die Anträge nennen, findet Nas gefährlich: Die Anträge unterstellten, dass der Antisemitismus in Deutschland ein islamischer Antisemitismus sei. Statistiken zeigten jedoch, dass Antisemitismus in Deutschland zum Großteil dem rechten Milieu zuzuschreiben sei.

Auf die Kritik der CDU am IZH entgegnet Nas, dass der Dialog durch den Staatsvertrag eben solche spannungsreichen Situationen entspannen helfe. Der Staatsvertrag habe maßgeblich dazu beigetragen, dass das IZH inzwischen nicht mehr zur Beteiligung am Al-Quds-Tag aufruft. Das IZH sei zudem offen für einen Austausch. Gerade bei kritischen Themen sei es wichtig, den Austausch nicht zu unterbinden, so Nas.

Grüne: Keine „Kollektivhaftung“

Laut Michael Gwosdz, dem religionspolitischen Sprecher der Grünen Hamburg, würde ein Aussetzen der Verträge das Signal senden, man wolle alle Mus­li­m*in­nen in Kollektivhaftung nehmen. „Die Verträge wurden 2011/2012 beschlossen, um den muslimischen Bür­ge­r*in­nen zu zeigen, dass wir sie auf gleicher Ebene behandeln wollen wie alle anderen religiösen Gemeinschaften, mit denen wir ja auch schon entsprechende Verträge haben.“ Als drittgrößte Religionsgemeinschaft Hamburgs sollten Mus­li­m*in­nen da nicht ausgegrenzt werden, so Gwosdz.

Dass das IZH das iranische Regime repräsentiere, habe die Stadt Hamburg schon gewusst, als die Verhandlungen über die Verträge unter Schwarz-Grün begonnen und unter der SPD abgeschlossen wurden. „Wäre die Schura antisemitisch, würde der Landesrabbiner sicherlich nicht mit ihr gemeinsam zum Friedensgebet einladen“, schließt Gwosdz.

Gladiator dagegen ist nicht der Meinung, dass die Rechte muslimischer Bür­ge­r*in­nen besonders geschützt werden müssten. Er betont, dass das Grundgesetz alle Muslime genau so schütze wie Christen und Atheisten. Dafür brauche es keine Verträge.

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