Reichskriegsflaggen und Rechtsextreme: Kein generelles Verbot

Die Innenministerkonferenz plant einen Mustererlass gegen Reichs- und Reichskriegsflaggen. Dabei kommt es auf die Umstände der Präsentation an.

schwarz-weiß-rote Reichsflagge geschwenkt vor dem Reichstag

Demonstranten gegen Corona-Maßnahmen schwenken eine Reichsflagge vor dem Reichstag Foto: Fabian Sommer/dpa

FREIBURG taz | Die Polizei soll nicht generell gegen Reichsflaggen und Reichskriegsflaggen vorgehen, sondern nur in bestimmten „Zusammenhängen“. Einen entsprechenden Mustererlass werden die Innenminister von Bund und Ländern diese Woche auf ihrer Konferenz in Rust (Baden) beschließen.

Am Rande einer Querdenker-Demonstration stürmten am 29. August letzten Jahres Rechtsextremisten die Treppe vor dem Reichstagsgebäude und schwenkten dabei mehrere Reichsflaggen. Dies löste eine Diskussion über das Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen aus.

Im Dezember befasste sich die Innenministerkonferenz (IMK) mit diesem Thema und brachte einen Mustererlass für die Polizeien der Länder auf den Weg. Dieser Mustererlass soll nun auf der nächsten IMK beschlossen werden.

Grundlage für das polizeiliche Vorgehen soll danach der bereits bestehende Paragraf 118 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) sein, der die „Belästigung der Allgemeinheit“ verbietet. Konkret heißt es dort: „Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.“

Bedrohungen verhindern

Der neue Mustererlass definiert nun, in welchen Konstellationen das öffentliche Zeigen von Reichs- und Reichskriegsflaggen von der Polizei künftig als Ordnungswidrigkeit behandelt werden soll. Beispielhaft werden sechs Fälle genannt: erstens wenn die Flaggen demonstrativ „an einem Ort oder Datum mit historischer Symbolkraft“ präsentiert werden; zweitens wenn zugleich „ausländerfeindliche oder sonst einschüchternde“ Parolen skandiert werden; drittens im Zusammenhang mit „Symbolen mit Bezug zum Nationalsozialismus“; viertens wenn ein „bedrohliches Auftreten“ zu „Einschüchterungswirkungen“ führt; fünftens bei „paramilitärisch anmutenden“ Versammlungen und sechstens bei ­Ähnlichkeiten zu „Fahnenaufmärschen der Nationalsozia­listen“.

Ob eines dieser Merkmale erfüllt ist, muss dann die Polizei vor Ort entscheiden. Bei Verstößen gegen das Ordnungswidrigkeiten-Gesetz droht ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro pro Person. Außerdem können die entsprechenden Flaggen eingezogen werden.

Bei Versammlungen können die Behörden entsprechende Flaggen zur Vermeidung von Ordnungswidrigkeiten als Auflage verbieten. Als milderes Mittel komme aber auch eine „Kontingentierung“, also eine Beschränkung der Zahl der Flaggen, in Betracht, heißt es im Mustererlass, der der taz auszugsweise vorliegt.

Hakenkreuz ist schon lange strafbar

Im Mustererlass ist ausdrücklich beschrieben, um welche Flaggen es geht: „die Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1867 bis 1921, die Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1922 bis 1933, die Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1933 bis 1935, die Reichsflagge ab 1892/Flagge des „Dritten Reichs“ von 1933 bis 1935“. Nicht erwähnt wird die Reichskriegsflagge, die im Dritten Reich ab 1935 benutzt wurde. Diese ist schon lange strafbar, da mittig ein Hakenkreuz prangt.

Der Mustererlass hat keine direkte rechtliche Wirkung. Jedes Bundesland muss erst einen eigenen Landes-Erlass beschließen. Die Länder sind hierzu nicht gezwungen und könnten auch inhaltlich abweichen. Damit ist aber nicht zu rechnen, da der Muster-Erlass wohl einstimmig beschlossen wird. Die IMK tagt vom 16. bis 18. Juni.

Ein generelles strafrechtliches Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen hatte die Bundesregierung bereits Anfang des Jahres abgelehnt.

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