Weltweite Coronabekämpfung: Impf-Apartheid verhindern

Der unterschiedliche Schutz vor Covid-19 darf nicht zu einer globalen Spaltung führen. Ausgerechnet die G7-Staaten könnten nun genau das verhindern.

Eine Hand mit einem Fläschchen AstraZeneca Impfstoff

Mehr davon: Impfstoff von AstraZeneca aus der COVAX-Initiative in einem Krankenhaus in Kenia Foto: Ben Curtis/ap

So geht es nicht weiter. Die reichen Länder impfen ihre Bevölkerungen immer schneller durch. In den armen Ländern ist der Zustrom von Impfstoffen zum Versiegen gekommen. Während sich unter den ärmeren zwei Dritteln der Welt neue Virusvarianten ausbreiten und für die meisten Menschen weder soziale Sicherung noch medizinische Hilfe zur Verfügung steht, träumen die oberen zehn Prozent – vor allem in Europa und Nordamerika – von der Rückkehr zur Normalität.

Realität kann dieser Traum jedoch nur in Form einer globalen Impf-Apartheid werden, in der die Reichen und Geimpften die Armen und Kranken systematisch auf Abstand halten und in der Bewegungsfreiheit und volle Bürgerrechte nur noch für eine Minderheit gelten.

Diese globale Apartheid darf nicht eintreten. Sie wäre das Ende sämtlicher Fortschritte der Menschheit seit der Aufklärung, ein Rückfall in finsterste Zeiten, als das Konzept einer gemeinsamen Menschheit und Menschlichkeit nicht existierte.

Was stattdessen zu tun ist, ist klar. Impfstoffe gegen Covid-19 müssen allen Ländern zur Verfügung gestellt werden und alle Menschen erreichen. Und es muss überall auf der Welt funktio­nierende Testkapazitäten geben, Betten für die Kranken, Sauerstoff für die Intensivpatienten, im Rahmen eines leistungsfähigen globalen Gesundheitswesens.

Die Summen, die dafür nötig wären, sind ein Klacks im Vergleich zu den üppigen Rettungsschirmen, die die reichen Industrienationen zur Unterstützung ihrer Wirtschaft in Coronazeiten aus dem Hut gezaubert haben.

Das können die reichen Länder nur gemeinsam beschließen. Der G7-Gipfel der wichtigsten westlichen Industrienationen am kommenden Wochenende wäre die seltene Gelegenheit dafür. Die G7-Runde wird seit Jahren eher belächelt, als Runde der Mächtigen von gestern. Aber diesmal wäre sie genau der richtige Ort, um mit mutigen gemeinsamen Beschlüssen die Idee der Weltgemeinschaft wieder zu stärken. Dass Corona das globale Thema Nummer eins ist, darüber sind sich ja alle einig.

Ungewöhnliche Konstellation beim Gipfel

Leider ist zu befürchten, dass alle Teilnehmer eher an sich selbst denken. Für Angela Merkel ist es der Abschiedsgipfel; für Emmanuel Macron auch, wenn er Pech hat bei den nächsten Wahlen. Gastgeber Boris Johnson, Joe Biden, Mario Draghi und der Japaner Yoshihide Suga wiederum sind Neulinge, Justin Trudeaus Nimbus ist verbraucht. Eine eingespielte Truppe sieht anders aus.

Aber vielleicht fördert ja gerade diese ungewöhnliche Konstellation ungewöhnlichen Mut. Und sei es nur aus dem Grund, dass jeder auf Kosten der anderen glänzen möchte.

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Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.

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