Atom-Fabrik in Lingen: Protest gegen Rosatom-Einstieg

Umweltgruppen kritisieren die geplante Beteiligung des russischen Konzerns an der deutschen Fabrik. Vor der Wahl fällt wohl keine Entscheidung.

Eingangstor der Brennelementefabrik Lingen

Bald zum Teil in russischer Hand? Die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen Foto: Friso Gentsch/dpa

BERLIN taz | Gegen den Plan des staatlichen russischen Atomkonzerns Rosatom, sich an der Brennelementefabrik des französischen Staatskonzerns Framatom im niedersächsischen Lingen zu beteiligen, haben Umweltinitiativen aus Deutschland, Frankreich und Russland gemeinsam protestiert.

Die Regierungen Russlands und Frankreichs müssten den Atomausstieg in Deutschland respektieren und die Bundesregierung die Kooperation unterbinden, heißt es in einer Resolution von rund 80 Ini­tiativen und Verbänden, darunter BUND und IPPNW aus Deutschland, Résau Sortir du nucléaire aus Frankreich und Ecodefense aus Russland. Diese lehnen zum einen die weitere Nutzung der Atomkraft ab; zum anderen verweisen sie auf die schlechte Menschenrechtslage in Russland und das wachsende Zuammenspiel von ziviler und militärischer Atomindustrie.

In der Fabrik in Lingen werden Brennelemente für Atomkraftwerke in vielen Ländern produziert. Eine Zusammenarbeit mit Rosatom könnte den Markt für beide Unternehmen erweitern. Die Bildung eines Joint Ventures von Framatome und der Rosatom-Tochterfirma TVEL war bereits im März vom Bundeskartellamt genehmigt worden. Daneben ist bei ausländischen Beteiligungen an sicherheitsrelevanten Unternehmen aber eine Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium erforderlich, die noch aussteht.

Sylvia Kotting-Uhl, Grünen-Abgeordnete und Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, hielte es für skandalös, wenn diese erteilt würde – auch weil die von SPD und Grünen gewünschte Stilllegung der Fabrik damit teurer werden könnte. „Die Bundesregierung darf nicht auf den letzten Metern noch Fakten schaffen, die der nächsten Koalition die Schließung der Lingener Brennelementefabrik und somit den konsequenten Atomausstieg erschweren“, sagte Kotting-Uhl der taz.

Das ist aber offenbar auch nicht geplant. Offiziell äußert sich das von Peter Altmaier (CDU) geführte Wirtschaftsministerium mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen überhaupt nicht zum Stand solcher Verfahren – weder gegenüber den Grünen, die dazu Anfragen gestellt haben, noch gegenüber der taz. Doch informell ist aus dem Ministerium zu hören, dass vor einer Entscheidung in dieser sensiblen Frage eine umfangreiche Prüfung stehe, die mehrere Monate in Anspruch nehme – also wohl erst in der nächsten Legislaturperiode fallen dürfte.

Kein Einvernehmen mit dem Umweltministerium

Und selbst wenn es doch schneller gehen sollte, wäre noch eine weitere Hürde zu bewältigen: Formal kann das Wirtschaftsministerium die Genehmigung zwar allein erteilen, es ist aber üblich, andere Ministerien dabei zu beteiligen. Dabei dürfte kein Einvernehmen erzielt werden, denn im Umweltministerium stößt das geplante Joint Venture mit Rosatom nach taz-Informationen auf klare Ablehnung.

In einem solchen Fall ist es üblich, auf politischer Ebene eine Lösung zu finden, also im Zweifel das Kabinett damit zu befassen. Und dort dürften neben Umweltgesichtspunkten auch das angespannte Verhältnis zu Russland und die bestehenden Sanktionen eine Rolle spielen, wenn es um die Beteiligung eines russischen Staatskonzerns an sicherheitsrelevanter Technologie geht.

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