Streit um Mietendeckel für Landeseigene: Sozis deckeln Linke und Grüne

Finanzsenator Kollatz und Bausenator Scheel wollen den Mietendeckel nicht für die landeseigenen Wohungsunternehmen fortführen. Nun gibt es Zoff.

lick in eine Häuserschlucht

Wenigstens ein Haus könnte den Mietendeckel behalten Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist eine brisante Frage auf den letzten Metern der rot-rot-grünen Koalition: Hält man für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften an den Vorgaben des Mietendeckels fest? Oder gestattet man Degewo, Ho­woge und Co. bereits ab Oktober, wenige Tage nach der Wahl, die Mieten wieder zu erhöhen? Auf Letzteres haben sich Bausenator Sebastian Scheel (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) geeinigt, stoßen damit aber auf vehementen Widerstand bei Grünen und Linken.

Mit einer entsprechenden Vorlage gingen die beiden Senatoren in den Koalitionsausschuss der Partei- und Fraktionsspitzen am vergangenen Sonntag. Demnach sollen die Mieten bei den sechs Gesellschaften mit mehr als 330.00 Wohnungen ab dem 1. Oktober um die Höhe der Inflation, maximal aber um zwei Prozent, steigen dürfen. Bei Wiedervermietungen sollen die ortsüblichen Vergleichsmieten gelten, die in Ausnahmefällen um zehn Prozent überschritten werden dürfen.

Mieten, die Ende November mit der zweiten Stufe des Mietendeckels abgesenkt wurden – in etwa 30.000 Fällen – sollen auf ihre ursprüngliche Höhe angehoben werden dürfen, ebenfalls auf bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete. Über Nachzahlungsforderungen verliert das Papier kein Wort.

Zu einer Befassung im Koalitionsausschuss kam es dann allerdings nicht – zu groß war der sich anbahnende Streit. Einig ist man sich nur darüber, dass eine Einigung in den nächsten zwei Wochen erzielt werden soll, damit der Senat eine Regelung auf seiner nächsten Sitzung am 1. Juni beschließen kann.

Zwei Wochen Frist

Ohne eine Verständigung auf neue Vorgaben drohen ebenfalls Mieterhöhungen. Denn die geltende Kooperationsvereinbarung mit dem Senat gibt den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ganz ähnliche Spielräume, wie sie nun die Senatoren vorgeschlagen haben. Lediglich bei Wiedervermietungen ginge der jüngste Vorschlag über die bisherigen Vorgaben hinaus, wonach nur 60 Prozent der neu vermieteten Wohnungen die ortsüblichen Vergleichsmieten nicht überschreiten dürfen.

Für die Linke kündigt die Stadtentwicklungsexpertin der Fraktion, Katalin Gennburg, im Gespräch mit der taz Widerstand gegen die Pläne von Scheel und Kollatz an: „Es ist klar, dass das nicht das letzte Wort gewesen sein kann“, sagt Gennburg, die auf den Parteitagsbeschluss der Linken von Ende April verweist. Mit nur einer Gegenstimme hatte sich die Partei dafür ausgesprochen, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen „die Regelungen des Mietendeckels bis mindestens 2024 einhalten“.

Senator Scheel hatte sich ebenfalls öffentlich dafür stark gemacht und es als „richtig“ bezeichnet, „ein solches Signal zu setzen“. Gegen den Finanzsenator und die Wünsche der Unternehmen konnte er sich damit aber nun offensichtlich nicht durchsetzen.

Kollatz betonte auf der Senatssitzung am Dienstag dagegen die Einigkeit mit Scheel. „Es gibt keine großen Kontroversen zwischen den beiden Senatsverwaltungen.“ Der Beschluss sei auch keine Verschlechterung für die Mieter*innen, denn auch der Mietendeckel habe eine Anpassung an die Inflation, also eine entsprechende Erhöhung vorgesehen. Dass dies nun weiter gelten soll, habe laut Kollatz „keine Vertreibungseffekte“, weil nach seinen Zahlen die Inflationsentwicklung unter der Einkommensentwicklung liegt.

„Aufgabe des Deckels“

Gennburg kritisiert den aktuellen Entwurf als „Aufgabe des Deckels“ und fordert, dessen „Logik zu erhalten“. Sollte eine Einigung hinsichtlich einer weiteren Mietenregulierung mit der SPD unmöglich sein, fordert sie ein Moratorium, das weitere Mieterhöhungen bis zu einem Verhandlungsergebnis einer neuen Koalition nach der Wahl ausschließt.

Unterstützung für die Position kommt von den Grünen, die sich ebenfalls per Parteitagsbeschluss für die Fortsetzung des Mietendeckels für die Landeseigenen ausgesprochen hatten. Mietenexpertin Katrin Schmidberger sagte der taz: „Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen mit gutem Beispiel vorangehen.“

Der Senat mache sich unglaubwürdig, wenn er Mieterhöhungen nach der Wahl zuließe und gleichzeitig an die privaten Vermieter appelliere, auf Erhöhungen und Rückzahlungsforderungen zu verzichten. Schmidberger spricht von einem „Machtkampf“ mit den Wohnungsbaugesellschaften und sagt: „Die politischen Rahmenbedingungen werden von uns bestimmt und nicht von den Unternehmen.“

Scharfe Kritik kam auch vom Berliner Mieterverein. Die Einigung sei „enttäuschend und lässt an der Glaubwürdigkeit, mit der der Senat den Mietendeckel verteidigte, zweifeln“, so Geschäftsführer Reiner Wild. Weiterhin sagte er: „Auch in Hinblick auf die Äußerungen der SPD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahlen drängt sich der Verdacht auf, dass sich die SPD gar nicht schnell genug vom Mietendeckel verabschieden kann“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.