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: Falsche Gitarren und echte Lockerungen

Von den Berliner Clubs hatte man schon lange nichts mehr gehört. Damit sie nicht vollends aus dem öffentlichen Gedächtnis fallen, rufen sie sich mal wieder mit einer Publicity-Aktion in Erinnerung. So wurde am Mittwoch die zweite Runde der Initiative „Rettet die Berliner Clubs“ eingeläutet, wozu es eine Pressekonferenz via Zoom gab, veranstaltet von der Berliner Clubcommission. Diese Initiative wurde bereits im ersten Lockdown vergangenes Jahr gestartet. Der Künstler Alex Molter hatte damals die Idee, Fake-Gitarren zu gestalten, die mit dem Logo unterschiedlicher Bands versehen wurden. Diese werden dann von den entsprechenden Künstlern signiert und höchstbietend versteigert. Der Erlös fließt vollständig an die darbenden Clubs. Am Bau der 17 neuen Club-Retter-Gitarren sind ehemalige Musiker von Bands wie Ton, Steine, Scherben und City beteiligt. Im Zoomcall ging es also zunächst um die Versteigerung der Kunstwerke.

Noch mehr war es der Clubcommission aber ein Anliegen, über die prekäre Lage der Clubs zu informieren. Und außerdem darauf hinzuweisen, dass trotz der weiterhin großen Probleme bei der Pandemiebekämpfen nicht vergessen werden dürfe, möglichst bald wieder Kulturevents im Freien zu veranstalten. Nach einleitenden Sätzen von Pamela Schobeß, Vorstandsvorsitzende der Clubcommission und Mitbetreiberin des Kreuzberger „Gretchen“, sprach sie denn auch von einem „Loch“, in dem man sich derzeit als Clubmanagerin befinde, von „emotional schwierigen“ Zeiten ohne Öffnungsperspektive. Aber auch davon, dass trotz der zu spät eintreffenden Finanzhilfen bislang noch kein Laden aufgrund der Coronabeschränkungen aufgeben musste. Freilich auch, weil es so viele Hilfsaktionen in Eigeninitiative gebe, wie etwa „Rettet die Berliner Clubs“. Schobeß mahnte an, dass die staatlichen Finanzspritzen nur noch bis Juni gezahlt würden. Auch wenn Teilöffnungen bald wieder erlaubt sein sollten, forderte sie eine Verlängerung der Maßnahmen über diesen Termin hinaus. Andernfalls könnten die Clubs nicht überleben.

Schließlich schnitt Schobeß auch das Thema „Kultur im Freien“ an, das die Clubcommission derzeit umtreibt. Genau wie Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), der ebenfalls im Zoom das Wort ergriff. Vorgestellt wurde der Politiker übrigens in seiner Funktion als Musiker, sei er doch einst Mitglied der A-capella-Combo Rostkehlchen gewesen. Es wurde angedeutet, dass sich Lederer über seine musikalischen Meriten auslassen würde, was dann zum Glück unterblieb.

Clubcommission und Lederer hatten unabhängig voneinander Presseerklärungen herausgegeben, in denen sie sich dafür aussprechen, Kultur unter freiem Himmel anbieten zu dürfen. Beide warnen davor, dass die geplante „Bundesnotbremse“, bei der sich alles um den Inzidenzwert 100 drehen soll, dieses Vorhaben verhindern könnte. Dabei, so ihr Argument, sei erwiesenermaßen der Aufenthalt im Freien ungefährlicher als in geschlossenen Räumen. Steigen die Inzidenzen, müsse man die Menschen nach draußen locken, anstatt sie wegzuschließen.

Die geplante Ausgangssperre, mahnte Lederer im Zoom, sei deswegen genau die falsche Maßnahme, „eine Notbremse bremst gar nichts“. Dabei brächten Veranstaltungen im Freien den Clubs gar nichts, wie Schobeß anmerkte. Und Lutz Leichsenring, Pressesprecher der Clubcommission, gab gleich das neue Motto der Kampfgemeinschaft Clubcommision und Klaus Lederer für ein besseres Leben im Freien vor: „Warm anziehen, rausgehen!“

Andreas Hartmann