Kroatien und Bosnien-Herzegowina: Neues Wahlrecht für mehr Einfluss

Ein HDZ-Vorstoß soll Kroatiens Macht in Bosnien-Herzegowina ausweiten. Solch nationalistische Pläne widersprechen EU-Recht.

Kroatiens Außenminister Gordan Grlić Radman

Kroatiens Außenminister Gordan Grlić Radman will mehr kroatischen Einfluss in Bosnien-Herzegowina Foto: Iakovos Hatzistavrou/reuters

SARAJEVO taz | Kroatiens Außenminister Gordan Grlić Radman arbeitet stetig daran, den kroatischen Einfluss in Bosnien-Herzegowina auszuweiten. So erklärte Radman kürzlich in Brüssel, Kroatien wolle dem Nachbarland helfen, ein funktionierendes Land zu werden. Doch sein „Zagreb-Non-Paper“, das er dort vor einer Woche vorgelegt hat, erweist sich als Mogelpackung, die vielmehr dazu beitragen würde, das Land weiter zu destabilisieren.

Der Kroate möchte in Bosnien-Herzegowina ein Wahlgesetz durchsetzen, das den Einfluss der dortigen kroatischen Nationalistenpartei HDZ BiH ausbauen soll. Die Partei hält es etwa für ungerecht, dass das kroatische Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums des Gesamtstaates durch alle Bürger der Teilrepublik „bosniakisch-kroatische Föderation“ gewählt werden kann, nicht nur von Kroaten. So wurde zwar vor zwei Jahren mit Željko Komšić ein Kroate ins Staatspräsidium gewählt, doch der gehört einer sozialliberalen Partei an und nicht der HDZ.

Außerdem wollen die kroatischen Nationalisten das Wahlgesetz in Bezug auf die Zweite Kammer des Parlaments, die Völkerkammer, so verändern, dass sie ein Vetorecht erlangen würden. Die Völkerkammer kann vom Parlament beschlossene Gesetze kippen.

Dagegen spricht ein Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofes von 2009. Damals hatten die Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde und der Roma-Minderheit gegen die Diskriminierung von Bürgern, die nicht den drei „konstitutiven Nationen“ der Serben, Kroaten und Bosniaken angehören, geklagt und Recht erhalten. Denn Menschen aus diesen Gruppen und jene, die sich nicht national definieren wollen, haben laut Verfassung kein Recht, in höchste Staatsämter gewählt zu werden.

Gleichbehandlung statt Trennung

Das Urteil verlangt die Gleichbehandlung aller Staatsbürger in Bosnien-Herzegowina – und somit das Gegenteil dessen, was die Natio­nalisten wollen: die weitere Trennung der Bevölkerungsgruppen. So fordert etwa HDZ-Chef Dragan Čović die Gründung einer national definierten „kroatischen Entität“ (Herceg-Bosna).

Das widerspricht europäischem Recht, dessen Achtung eine Voraussetzung für die EU-Aufnahme ist. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte kürzlich auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, eine Verfassungsreform müsse in Bosnien durchgesetzt werden.

So suchte sich Kroatiens Außenminister Unterstützung von EU-Ländern, wo ebenfalls völkisch-nationalistische Ideologien präsent sind. Ungarn, Bulgarien, Slowenien, Griechenland und Zypern haben das „Zagreb-Non-Paper“ unterschrieben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.