Kretschmer, Musk und Schalke: Unterwegs

Kretschmer reist nach Russland und telefoniert mit Putin, Elon Musk schickt vier Astronauten ins All – und Schalke muss in die zweite Liga.

Porträt von Kretschmer guckt niedergeschlagen

Mit Russland-Besuchen kann Kretschmer beim sächsischen Wahlvolk punkten Foto: imago

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Union für offene Feldschlacht scharf kritisiert.

Und was wird besser in dieser?

Grüne für Hinterzimmer­deals bejubelt.

Ironie ist ganz schwierig, bekommen Jour­na­lis­t:in­nen beigebracht. Sollte dieser Merksatz angesichts von #allesdichtmachen künftig auch Teil der Schauspielausbildung werden?

Dazu ist alles gesagt, nur noch nicht von allen. (Karl Valentin). Gern noch mal so: Wenn der Milchbauer sein Vieh jahrelang um 6 Uhr melkt und dann wegen Krankheit ausfällt, stehen die um sieben Uhr schmerzprallen Euter im Stall und muhen die Bude nieder. Das kann man sich auf dem Video anschauen. Satire geht dahin, wo es wehtut – zum Beispiel auch den Satirikern. Was ich der stattfindekranken Selbsthilfegruppe wirklich übel nehme: Jetzt ist man versucht, die 2 Milliarden Euro Künstlerhilfen des Bundes plus die Stipendienprogramme der Länder zu loben zum Schutz vor dem weit streuenden Schrotschuss der Aktion. Schöner wäre, gemeinsam mindestens Lufthansa-Ausmaße zu fordern.

Apropos Ironie: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist vergangenen Mittwoch nach Moskau gereist, um die Ausstellung „Träume von Freiheit“ zu eröffnen und um mit Putin zu sprechen – am Telefon. Ihre Meinung: Wie viel Witz verträgt ein politisches Mandat?

Ortsgespräch! Der Sparfuchs! Ein Festival der Ambivalenz: Mit Russlandbesuchen kann Kretschmer beim sächsischen Wahlvolk punkten – ein Hand­shake mit dem Nawalnyschinder Putin hätte ihn bundesweit blamiert. Es ist klug, prorussische Stimmungen nicht der AfD zu überlassen – und tückisch, den peinlichen Schwager Urban vom „Flügel“ mitzuschleppen. Kretschmer als Enkel Brandts, die Grünen stramm auf Helmut-Schmidt-Linie: Das gibt ein Hallo in Walhalla.

Am Freitag sind vier Astronauten mit SpaceX, dem Transportmittel des Raumfahrtunternehmens von Elon Musk, zur Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen. Wird der Weltraum jetzt bald Privateigentum?

Nietzsche kichert: Der Ubermensch. Musk ist ein Cowboy, um den herum ein tragbares Tal der Gesetzlosen entsteht. Nimmt man das maximal­staatliche chinesische Weltraumprogramm ins Bild, ergibt sich ein Showdown: Nationalstaat gegen Globalkapitalismus. Musk kann also so entfesselt agieren wie man gerade Angst vor China hat.

Ulrike B., die Leiterin des Bremer Bamf, soll 10.000 Euro Strafe zahlen. Ist das ein gerechtes Ende einer ungerechten Geschichte?

Der Schaden ist die seither grassierende Behauptung, Behörden hätten korrupt und ideologisch verbohrt über 1.000 „falsche“ – weil: positiv beschiedene – Asylanträge entschieden. Das hätten sich Fremdenfeinde nicht schöner ausdenken können, taten es aber doch. Und es wird noch ein bisschen weiterwabern. Tatsächlich verantwortet die Behördenleiterin eine Handvoll Fehlentscheidungen und hat sich für die Strafzahlung entschieden. Ein glatter Freispruch wäre schöner, doch es ist ihr Leben.

Friedrich Merz will geschlechtergerechte Sprache „nach französischem Vorbild“ verbieten. Wer hat ihm das eingeflüstert? Und hat das Esprit?

Et voilà: In Frankreich ist die Lage unklarer, als Merz behauptet. 2017 verbot Premierminister Philippe das Gendern in amtlichen Veröffentlichungen. Nun will eine Gruppe von 60 Abgeordneten allen Schriftverkehr rückverkerlen. Spätestens hier könnte dem Amish Man aus Brilon auffallen, dass nicht nur seine Gegner, sondern auch seine Idole mit „Zwang“ arbeiten. Ergo gibt’s keine moralisch überlegene Seite in dem Streit. Arme Frau Laschet, mit Söder und Merz dräuen jetzt schon zwei Dämonen über einer Kanzlerschaft, die erst noch gewonnen sein will.

Wird es eigentlich nicht langsam Zeit für eine Kanz­ler­kan­di­da­t:in­nen­dis­kus­si­on in der FDP? Oder was sollen wir die nächsten Wochen sonst so machen?

Söder und Merz gründen eine BI für mehr Kreisverkehr. Sie wollen keine Ampeln sehen.

Ein Wort von Ihnen in Richtung Gelsenkirchen bitte.

Hey, Euer Haupt- hieß „Masurenbahnhof“, Ihr wart die polnischste Stadt außerhalb Polens, und die legendäre „Kreisel“-Mannschaft war eine Osteuropa-Auswahl. Ihr habt so viel, worauf Ihr stolz sein könnt. Ihr seid Godfather of Integration, und da ist gerade auch in der Zweiten Liga viel zu tun.

Und was machen die Borussen?

Okay, Mitleid aus Dortmund ist das Schlimmste für Schalke. Nein, es gibt noch was Schlimmeres. Das Gerücht „Klopp geht zu Bayern“. Höre ich Trost aus Gelsenkirchen?

Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und hat die Kartoffeln 14 Tage vor Eisheiligen gepflanzt.

Fragen: eaz, waam

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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