Gremien beim ZDF: Streit um eine Liste

Das ZDF hat einen neuen Personalrat gewählt. Erstmals war dabei eine reine Frauenliste angetreten. Dagegen klagt nun eine Gewerkschaft.

Das ZDF-Sendebetriebsgebäude auf dem Gelände des Sendezentrums in Mainz

Der Streit zwischen zwei konkurrierenden Gewerkschaften könnte grundsätzliche Konsequenzen haben Foto: Hans-Jürgen Burkhard/ZDF

Betriebsräte, oder Personalräte, wie sie im öffentlichen Dienst und im Rundfunk heißen, sind oft Männervereine. Das wirft nicht nur Fragen nach Geschlechtergerechtigkeit auf, es hat auch ganz praktische Folgen. Denn gerade bei arbeitsrechtlichen Konflikten spielen Geschlechterunterschiede teilweise eine große Rolle. Im neuen Personalrat des ZDF jedenfalls sollten mehr Frauen vertreten sein als bisher. Deswegen traten bei der diesjährigen Wahl zu dem Gremium am 17. März neben den Listen der beiden etablierten Gewerkschaften, Verdi und die Vereinigung der Rundfunk-, Film- und Fernsehschaffenden (VRFF), eine neue an: eine unabhängige Frauenliste.

Die erhielt 21 Prozent der Stimmen und damit 4 Sitze im neuen Personalrat des ZDF. Diese Sitze gingen zulasten der Verdi-Sitze und nicht zulasten der VRFF. Dennoch hat die VRFF nun Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Mainz eingereicht. Die VRFF glaubt, die Frauenliste sei unzulässig gewesen. Dabei waren die Listen schon Monate vor der Wahl geprüft und vom Wahlvorstand, darunter auch Vertretern der VRFF, für korrekt befunden worden. Warum hat also die VRFF auf einmal ein Problem mit der Frauen­liste?

Zunächst mal vermutet die VRFF, die unabhängige Frauenliste sei gar nicht unabhängig, sondern ein trojanisches Pferd von Konkurrent Verdi. Denn als es nach der Wahl darum gegangen sei, den Vorstand zu bestimmen, lehnten die gewählten Vertreterinnen auf den ersten Plätzen der Frauenliste die Beteiligung am Vorstand ab, sodass schließlich von der Frauenliste ein engagiertes Verdi-Mitglied in den Vorstand gekommen sei. „Wir wollen niemand beschuldigen, die Wähler vorsätzlich getäuscht zu haben“, sagt Michael Funken, Vorsitzender der VRFF-Betriebsgruppe beim ZDF. Man wolle nun aber trotzdem gerichtlich prüfen lassen, ob hier eine Täuschung vorliege.

Im Nachhinein der Wahl sei der Eindruck entstanden, dass die „unabhängige Frauenliste“ eigentlich eine zweite Verdi-Liste sei. Nina Bernhardt, Vorstandsmitglied von Verdi im ZDF, widerspricht. „Den Vorwurf der Täuschung weisen wir zurück“, sagt Bernhardt. Auf der Liste der unabhängigen Frauen seien alle möglichen Mitarbeiterinnen angetreten, Verdi-Mitglieder oder nicht. Zudem hätte die VRFF keinen Einspruch erhoben als die Liste zugelassen wurde im Januar. Michael Funken entgegnet, im Januar sei nichts aufgefallen, erst nach der Wahl und bei der Bildung des Vorstands.

Was klingt wie betriebsrätlerische Erbsenzählerei, berührt eine äußerst relevante Frage. Die nämlich, wie ein so zentrales Gremium wie die Vertretung der Ar­beit­neh­me­r:in­nen Geschlechtergerechtigkeit sicherstellen kann. Eine, die noch dazu gesetzlich gefordert ist: Das rheinland-pfälzische Personalvertretungsgesetz, dem das ZDF als Mainzer Sender unterliegt, verlangt: „Die Geschlechter sollen in den Wahlvorschlägen entsprechend ihrem Zahlenverhältnis vertreten sein.“ Nun hebt also ein Teil der VRFF-Beschwerde darauf ab, grundsätzlich zu klären, ob reine Frauenlisten für die Mitarbeitendenvertretung verboten sind.

Je nachdem, wie das Verwaltungsgericht Mainz entscheidet, könnte das Konsequenzen haben für Betriebs- und Personalräte in Deutschland. Frauenlisten können bei politischen Gremien eine Möglichkeit sein, den Anteil solcher Frauen zu erhöhen, die eher zurückhaltend sind, sich für eine etablierte Listen aufstellen zu lassen. Nina Bernhardt von Verdi sagt: „Diese Vorschrift ist mal gemacht worden, um die Rechte von Frauen zu stärken. Erstaunlich, dass das jetzt für diesen Fall angeführt wird.“ Der VRFF zum Beispiel war mit einer zu zwei Dritteln männlichen Liste angetreten. Michael Funken beteuert, dass man sich erfolglos um mehr Kandidatinnen bemüht habe. Sollte das Gericht die Wahllisten aus diesem Grund für ungültig erklären, verspricht er, bei einer Neuwahl nachzuarbeiten, um ausgewogene Listen aufzustellen.

Das könnte aber dauern, möglicherweise Jahre. Bis dahin ist der Personalrat so, wie er ist, gültig und arbeitsfähig. Und er wird auch weiterarbeiten, da sind sich schon mal beide Seiten einig. Das Verwaltungsgericht Mainz wird in der Zwischenzeit klären müssen: Sind Frauenlisten ein legitimes Mittel, um Frauen mehr in Personalräte einzubinden – oder entscheidet das Gericht am ZDF-Fall, dass sie der Gleichberechtigung widersprechen?

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