Zauber neuer Liebe: Tage der tausend Eigenheiten

Neuerdings frage ich mich, ob ich eines Tages das Lieben verlerne. Wie ich darauf komme – und was das mit Sprachnachrichten und mit Angst zu tun hat.

Frau im Zug an Handy

Freue ich mich noch auf die Reise, die bei jeder neuen Liebe vor mit liegt? Oder will ich ankommen? Foto: Imago

Kürzlich lag ich nachts im Bett und konnte einfach nicht einschlafen. Ich lag da und fragte mich die ganze Zeit: Wie kann ich mir eigentlich ganz und gar sicher sein, dass ich das Lieben niemals verlerne?

Die (meisten) Menschen, die ich liebe, liebe ich schon sehr lange. Manche schon seit meiner Geburt, andere seit ihrer Geburt, andere seit der Uni und andere seit unserer gemeinsamen Zeit im letzten Job, bei einem Projekt, auf Twitter. Wo man sich halt so kennen- und lieben lernt.

Und ja, natürlich kommen neue Menschen dazu. Neue Freunde zum Beispiel, aber auch neue Partner. Ich überlegte, wie das bei meinen neuesten Freund- und Partnerschaften war. Meist haben wir uns bei einer Party kennengelernt, Schnaps, Zigaretten – und dann betrunken das ein oder andere Geheimnis geteilt. Schließlich zaghaft ein paar Tage oder Wochen später wieder gemeldet und das Ganze noch mal nüchtern versucht. Einige Geschichten kamen uns dann wieder in Erinnerung.

„Stimmt, das hatten wir schon beim letzten Mal kurz besprochen.“

„Haha, ja, aber da waren wir auch so blau.“

Das richtige Emoji zur richtigen Zeit

Dann haben wir ewig geredet. Und viel gelacht. Manchmal über einen alten Witz, den man mit jemand anderem teilt. Den Witz dann der neuen Liebe oder der neuen Freundin erklärt. Wieder viel gelacht. Und gemerkt: Ah, darüber lachen wir beide. Das ist schön. Das haben wir gemeinsam. Wieder alleine zu Hause, bei Memes an die neue Person gedacht. Gelacht. Das Meme geschickt und gewartet. Lag ich damit richtig? Waren das zu viele Emojis? Vielleicht ist das gar nicht ihr Humor? Keine Antwort. Am besten erkläre ich kurz, was ich meinte. Voll die lange Nachricht. Liest doch kein Mensch. Lieber eine Sprachnachricht, argh, ich weiß gar nicht, wie er zu Sprachnachrichten steht. Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen.

Es gibt so vieles, worüber wir noch nicht gesprochen haben. Aufregend irgendwie. Die Gewissheit, dass es noch tausend Geschichten und Witze und Eigenheiten zu entdecken gibt. Freue ich mich darauf? Auf die Reise? Oder will ich schnell an dem Ort ankommen, wo diese Geschichten alle bekannt sind und wir auf eine jahrelange Freundschaft oder Partnerschaft zurückblicken?

Ich bin viel ängstlicher geworden und klammere mich an das vermeintlich Bekannte

Der Vorteil von diesem Ort ist natürlich die Gewohnheit, die Sicherheit. Das gute bekannte Gefühl, das sich wie eine warme Jacke um deine Schultern legt. Aber kann man deshalb die Entdeckung und die Reise dahin beschleunigen? Statt umherzuirren, lieber schnell in bekannte und sichere Häfen.

Oder ist die Reise ins Unbekannte die Liebe? Falls ja, dann habe ich wirklich verlernt zu lieben. Ich bin viel ängstlicher geworden und klammere mich an das vermeintlich Bekannte. Vielleicht habe ich auch nicht gleich das Lieben verlernt, sondern habe nur Angst?

Oder ist das das Gleiche?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Journalistin, Speakerin und freie Kreative. Kolumne: "Bei aller Liebe". Foto: Pako Quijada

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.