Griechische Reparationsforderungen: Erbärmliche deutsche Haltung

Griechenland beharrt auf der Begleichung der Schäden im Zweiten Weltkrieg. Die Nachfahren der Täter haben bis heute nur warme Worte übrig.

Zwei Frauen halten Kerzen in den Händen

Überlebende des Massakers von Distomo am 6. Januar 2011 vor der deutschen Botschaft in Athen Foto: Orestis Panagiotou/ana-mpa

Dieser Dienstag ist ein Tag der Trauer in Griechenland – und der Wut. Distomo, Kalavryta, Kandanos, Lyngiades oder Viannos – das sind nur einige exemplarische Namen von Orten, in denen Wehrmacht und Waffen-SS vom 6. April 1941 an wüteten. Insgesamt wurden 1.770 Dörfer zerstört, etwa 500.000 Griechinnen und Griechen verloren ihr Leben, darunter fast 90 Prozent der jüdischen Bevölkerung.

Die unvorstellbaren Verbrechen Nazideutschlands haben sich fest in das Gedächtnis der griechischen Bevölkerung eingebrannt. Aber leider viel zu wenig in das kollektive Gedächtnis Deutschlands.

Wer gehofft hatte, mit dem Wechsel von der linken Tsipras- zur konservativen Mitsotakis-Regierung würde Athen auf seine Ansprüche an Deutschland verzichten, sieht sich enttäuscht. Immer noch beharren die Griechen auf einer finanziellen Schuldenbegleichung für die an ihnen begangenen Verbrechen. Was wir nicht bräuchten, so formulierte es unlängst ein CSU-Abgeordneter im Bundestag, sei „das Aufwärmen alter Debatten“.

So sieht das sowohl die Bundesregierung als auch eine ganz große Parlamentsmehrheit – von der AfD und der FDP bis zur Union und der SPD, die erst gerade wieder Anträge der Linkspartei und der Grünen abgelehnt haben, die eine Abkehr von der bisherigen schroffen Verweigerungshaltung fordern. Sie sollten sich schämen.

Die griechischen Forderungen nach Reparationen und Entschädigungen wurden über Jahrzehnte von der deutschen Seite erst mit dem Verweis auf einen noch ausstehenden Friedensvertrag vertagt, dann trickreich umgangen und schließlich einseitig als erledigt betrachtet. Nicht einmal zur Rückzahlung einer Zwangsanleihe, die die deutschen Besatzer Griechenland abgepresst hatten, ist die Bundesrepublik bereit.

Dass die Nachfahren der Täter für die Nachfahren der Opfer bis heute nicht viel mehr als warme Worte übrig haben, ist schlicht erbärmlich. Es reicht nicht, sich nur verbal zu seiner historischen Verantwortung zu bekennen. Es sollte endlich Schluss sein mit der erinnerungspolitischen Schnäppchenmentalität.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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