Maßnahmen in der Pandemie: Forderungen nach härterem Lockdown

Nach dem Hickhack um die Osterruhe scheint Abwarten die politische Strategie der Pandemiebekämpfung zu sein. Wie lange geht das noch gut?

Menschen sonnen sich auf einer Wiese gedrängt

War was? Eine Frühlingstag im Berliner Mauerpark, 30.03.2021 Foto: Thomas Grabka

Offiziell wollen sich die Bundeskanzlerin und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen erst am 12. April wieder zu Beratungen über die Coronamaßnahmen treffen. Nach dem Hickhack um die Osterruhe scheint Abwarten gerade die politische Strategie in der Pandemiebekämpfung zu sein. „Der Prozess des Nachdenkens ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Dienstagabend. „Ich weiß nur, dass es wichtig ist, angesichts der dritten Welle, in der wir sind, alles zu tun, um diese Welle möglichst schnell zu brechen.“

Doch der Druck auf die Politik wächst, Stimmen nach einem härteren Lockdown werden laut. Die Zahlen sprechen dafür, die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Mittwoch bei 132 Infizierten pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen – der früher angepeilte Wert von 50 scheint in weite Ferne gerückt zu sein.

Der Berliner Virologe Christian Drosten formulierte es am vergangenen Dienstag in seinem Podcast so: „Ich glaube, es wird nicht ohne einen neuen Lockdown gehen, um diese Dynamik, die sich jetzt ohne jeden Zweifel eingestellt hat, noch einmal zu verzögern.“ Die Situation sei „sehr ernst und sehr kompliziert“. Aus Drostens Worten klingt Frust: Deutschland habe viele Gelegenheiten verpasst, die Werkzeuge zu optimieren, sagte er. Es bleibe jetzt nur noch der Holzhammer, der Lockdown.

Auch Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Amtsärzte, plädiert in der Rheinischen Post für „einen konsequenten Lockdown“. Es sei jetzt entscheidend, mit den Fallzahlen herunterzukommen. So sieht es auch der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery. Die Leute sollten strikt zu Hause bleiben, bis der Inzidenzwert sinkt, „am besten deutlich unter 30“, sagte er. Montgomery kritisierte zudem den „Irrsinn“ der Ministerpräsidenten, die die Lockdown-Maßnahmen zu früh gelockert hätten. „Konsequente politische Führung“ sei gefragt.

Bisher gelten in den Bundesländern und Kommunen völlig unterschiedliche Maßnahmen

Zu einer anderen Einschätzung kommt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). „Würden die Länder die Notbremse konsequent umsetzen, wären dies geeignete Maßnahmen, um einen Gesundheitsnotstand abzuwenden“, sagte Gerald Gaß, ab Donnerstag Vorstandsvorsitzender der DKG, gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, spricht sich für eine Rückkehr zu einem strikteren Lockdown in Verbindung mit Ausgangssperren aus. „Es deutet sich zurzeit an, dass es unendlich lange dauert, bis wir aus diesem schleichenden Lockdown rauskommen“, sagte Scheele. Es wäre „wahrscheinlich besser, kurz und hart einzugreifen, um dann zu starten“. Auch der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens Fuest, fordert einen harten zweiwöchigen Lockdown über Ostern. Der Kurs der Regierung bringe der Wirtschaft „verlängerte Unsicherheit und wachsende Schäden“.

Bisher gelten in den Bundesländern und Kommunen völlig unterschiedliche Maßnahmen – vom Ausprobieren weitreichender Teststrategien wie etwa in Tübingen bis hin zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen wie in Brandenburg oder Mainz. Auch die vereinbarte Notbremse ab einem Inzidenzwert von 100 wird nicht überall umgesetzt – zum Beispiel in NRW und Berlin. (mit ots, dpa, rtr)

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