Humor in Krisenzeiten: Die Nonsens-Maschine

Wenn es pandemiebedingt immer weniger zu lachen gibt, dann muss der gute alte Zungenbrecher ran: Ein Hoch auf die Alliteration.

Eine Demonstrantin hält am globalen Streiktag für Soziale- und Klimagerechtigkeit von Fridays for Future an der Hauptwache ein Plakat mit der Aufschrift "Blaukraut bleibt Blaukraut & Braunkohle bleibt Scheiße !".

Zungenbrecher gegen die Krise – hier bei einer FFF-Klimademo am 25. September 2020 in Frankfurt Foto: dpa / Arne Dedert

„Impf-Gipfel' ist ein Zungenbrecher, sag das mal 20 Mal hintereinander“, sagt der Freund auf der Parkbank.

„Warum sollte ich 20 Mal hintereinander ‚Impf-Gipfel‘ sagen?“

„Ist doch lustig, und derzeit ist alles, was lustig ist, irgendwie gut.“

„Aber das Ding des Zungenbrechers habe ich nie verstanden.“

„Welches Ding?“

„Dass sich alle so freuen, wenn sie sich verhaspeln.“

„Liegt auch an dem inhaltlichen Nonsens.“

„Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut.“

„Ist das Rotkohl?“

„Wahrscheinlich in Bayern.“

„Eigentlich ist der Zungenbrecher ein Gehirnbrecher.“

„Zunge und Gehirn sind aber ja eine Firma.“

„Das Gehirn bringt die Zunge zum Stolpern.“

„Mein Lieblingszungenbrecher ist der mit Ulm.“

„In Ulm, um Ulm und um Ulm herum.“

„Das könnte auch der Anfang eines Romans sein.“

„Wie soll das weitergehen?“

„… trieb sich der Triebtäter triebhaft herum.“

„Das Buch will ich nicht lesen.“

„Wie könnte man den Impf-Gipfel auf die Spitze treiben?“

„Mit top Ergebnissen vielleicht.“

„Nee, als Zungenbrecher, du Witz.“

„Na, man bräuchte dieselben Buchstaben, nur anders. Der Zungenbrecher arbeitet mit Alliteration.“

„Durch Alliteration wird alles albern.“

„Fiktionale Figuren heißen oft alliterativ, vor allem weibliche: Bella Block, Rosa Roth.“

„Oder Kinderlieblinge, Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, Fred Feuerstein.“

„Wer sein Kind alliterativ benennt, muss einen an der Waffel haben.“

„Vielleicht ist es der Wunsch danach, dass das Kind mal ein Star wird!“

„Aber in die Politik kann es dann nicht gehen.“

„Kevin Kühnert!“

„Das ist ja noch im Rahmen, aber stell dir vor … Spencer Spahn! Mandala Merkel.“

„Sören Söder, Laurel Lauterbach.“

„Wanda Wagenknecht!“

„Klingt alles unseriös, aber schön.“

„Dragan Drosten, Ken Kekulé!“

„Aber Drosten hat doch schon die Deluxe-Alliteration: Dr. Drosten!“

„Das ist es, die ganze Magie kommt vom Namen, da kann Kekulé sich auf den Kopf stellen!“

„Wer ist eigentlich Fischers Fritze?“

„Sein Sohn?“

„Der Sohn vom Fischer heißt ‚Fritze‘?“

„Oder der Sohn vom Herrn Fischer.“

„Also das kann ja kein Zufall sein, dass es da dann ums Fischen geht.“

„Fischen gehen auch Akademikerfamilien, um nah am Leben zu sein. Natur, Blaue Blume und so.“

„Gut, dann ist Fritz der Sohn von Professor Dr. Fiete Fischer.“

„Wunderbar.“

„Der Zungenbrecher ist das Mantra der westlichen Industriestaaten.“

„Inwiefern?“

„Das Mantra entspannt dich, der Zungenbrecher bringt dich zum Lachen, was das Gleiche ist.“

„Oder wir betrinken uns.“

„Und der Whiskeymixer mixt den Whiskey, den Whiskey mixt der Whiskeymixer.“

„Hach, das wäre ja so schön.“

„Doch die Impf-Gipfler picken nicht flink im dichten Fichtendickicht.“

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ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.

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