Dominanzkultur bei der Polizei: Den Dicken markiert

Eine mangelnde Fehlerkultur und Dominanzgebaren haben bei der Polizei Tradition. Das ist traurig und gefährlich.

ein Polizeiauto steht am Elbstrand, daneben viele Passant:innen

Oha, so viele Menschen auf einmal. Sollte man den Polizeihubschrauber alarmieren? Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Aus der Reihe der Skandale der Polizei sticht die Verfolgungsjagd eines Jugendlichen im Jenischpark nicht besonders hervor. Zwar erinnern die Szenen auf dem Video, auf dem ein Polizeiauto einem Heranwachsenden hinterher rast, weil dieser Abstandsregeln nicht eingehalten hatte, an einen schlechten Actionfilm.

Die Be­am­t*in­nen haben mit ihrem Übereifer wohl Kol­le­g*in­nen und Unbeteiligte gefährdet. Allerdings ist man von der Polizei einiges gewöhnt. Auch dass sie mit dem Hubschrauber das Einhalten der Coronaregeln überwacht, überrascht nicht, solange sie es nicht mit dem Panzer tut.

Problematisch ist aber die Kultur, die dahinter steckt. Der Drang, den Dicken zu markieren und in jeder Situation überlegen zu sein, lässt wenig Spielraum für situative Abwägungen und genaues Differenzieren. Es bedeutet, tendenziell immer erst mal draufzuhauen, erst mal aufs Gas zu treten, erst mal jemanden wegzuschubsen, bevor der Eindruck entstehen könnte, ein*e Po­li­zis­t*in zögere. Zögern passt nicht zur hypermännlich geprägten Cop Culture.

Für Bür­ge­r*in­nen gefährlich

Dazu gehört leider auch eine extrem schwache Fehlerkultur, die sich in dem Polizeistatement zur Verfolgungsjagd manifestiert. Anstatt Fehler einzugestehen, ist es das Höchste der Gefühle, zuzugeben, dass „der Einsatz des Fahrzeugs auf den Videobildern (…) den Eindruck erwecke, dass eine Gefahr für außenstehende Personen bestanden haben könnte“. Geht’s noch umständlicher?

Die fehlende Fehlerkultur und die umso stärker ausgeprägte Dominanzkultur, zu der auch gehört, bei jeder Gelegenheit Wasserwerfer, Reiterstaffel und Räumpanzer zu präsentieren, hat eine lange Tradition und ist in Hamburg besonders ausgeprägt. Für die, die nicht anders wissen, wie sie sich Respekt verschaffen sollen, ist das traurig, für Menschen, die der Polizei in dynamischen Situationen gegenüber stehen, gefährlich.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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