Coronatests für Schulen in Österreich: Nasenbohren gegen Covid-19

Dank des leicht anwendbaren Selbsttests können Corona-Infizierte an österreichischen Schulen gefunden und isoliert werden. Endlich!

Ein Kind hält einen negativen Schnelltest in den Händen

Endlich wieder unbesorgt in die Schule gehen mit dem negativen Coronaschnelltest Foto: Georg Hochmuth/dpa

WIEN taz | „Negativ“, sagte die 13-jährige Matilde A., als sie am Mittwoch nach Hause kam, und strahlte über das ganze Gesicht. Die Freude galt nicht einer Schulnote, sondern einem Covid-Test. Nasenbohren vor Unterrichtsbeginn, das ist die Strategie, mit der Österreichs Bildungsministerium die Schulen nachhaltig offen halten will. Diese Woche wurden dabei bei 1,3 Millionen Proben 536 symptomfreie Infizierte entdeckt. Sie müssen für zehn Tage in Quarantäne, wenn der zuverlässigere PCR-Test das Ergebnis bestätigt.

Der Name „Nasenbohrer-Test“ soll darauf hinweisen, dass die Selbsttestung kinderleicht ist. Anders als die gängigen Tests, bei denen das Wattestäbchen unangenehm in den oberen Nasenraum geschoben wird, muss das Stäbchen hier nur wie der Finger beim Popeln den unteren Nasenschleim abgreifen. Nur wenige Eltern verweigern ihr Einverständnis zu den Tests, ihre Kinder müssen dann zu Hause bleiben.

Letzte Woche hatten die Reagenzien nur etwa 200 Covid-19-Positive zu Tage gefördert. Allerdings nur in den Bundesländern Wien und Niederösterreich. Die Schulkinder in den anderen sieben Ländern sind erst diesen Montag aus den Semesterferien zurückgekehrt. Diesmal waren es in Wien und Niederösterreich zusammen 353 positive Tests. „Wir führen das nicht auf eine steigende Infektionshäufigkeit zurück, sondern auf eine vermehrte Testroutine“, zitiert die Austria Presse Agentur Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Unter den bundesweit positiv Getesteten fanden sich 364 Kinder und 172 Lehrpersonen. Das entspricht einer Inzidenz von unter 50 während die 7-Tages-Inzidenz zuletzt bei 111 lag.

Der Unterricht findet trotz des flächendeckenden Testens im Schichtbetrieb statt: Die Hälfte der Schülerinnen und Schüler kommt am Montag und Dienstag in die Klassen, die andere Hälfte am Mittwoch und Donnerstag. Am Freitag machen alle virtuelles Homeschooling.

Soziale Isolation

Mit den Nasenbohrer-Tests betritt Österreich Neuland. Die Opposition, unterstützt von Soziologinnen und Psychiatern, hatte schon länger Druck gemacht, die Schulen wieder zu öffnen.

Bei der Coronahotline des Psychosozialen Dienstes in Österreich melden sich jeden Tag zwischen 35 und 40 Menschen, die im Lockdown mit Interessen- und Energieverlust nicht zurechtkommen oder sogar in Depression verfallen. Während ältere Menschen, vor allem Pensionisten, mit der Krise besser klarkommen, leiden vor allem Jugendliche. Ihnen fehlt der soziale Austausch von Schule und Freizeit. Eine Studie der Abteilung für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit an der Donau-Universität in Krems hat bei 26 Prozent der Befragten depressive Symptome konstatiert, auch Angstsymptome und Schlafstörungen sind demnach zu Massenphänomen geworden.

Was auch zur Öffnung der Schulen nach mehr als zwei Monaten beigetragen hat, ist die Sorge um Kinder, die während des Homeschoolings „verloren“ gegangen sind. Schüler, die sich mit Geschwistern ein Handy oder mit den Eltern einen Laptop teilen müssen, sind schwer erreichbar und können ihre Hausaufgaben nicht rechtzeitig oder gar nicht einschicken.

Eine Umfrage des Instituts für Höhere Studien, die auf Aussagen von 4.000 Lehrerinnen und Lehrern basiert, zeigt, dass über alle Schulen gerechnet 12 Prozent aller Kinder in Volksschule und Unterstufe während des ersten Lockdowns kaum oder gar nicht erreichbar waren. In Schulen mit hohem Ausländeranteil oder in einkommensschwachen Bezirken lagen die Quoten bei 40 Prozent (Volksschulen) und 37 Prozent (Unterstufen).

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