Überraschung bei Wahl in Ecuador: Stichwahl – aber zwischen wem?

Wer gegen Andrés Arauz ins Stechen ums Präsidentenamt geht, ist noch offen. Mit Yaku Pérez könnte erstmals ein Indigener in die zweite Runde kommen.

Arauz gestikulierend

Tritt im April gegen einen noch offenen Gegner an: Andrés Arauz Foto: reuters

BUENOS AIRES taz | In Ecuador kommt es nach der Wahl am Sonntag zu einer Stichwahl um das Präsidentenamt. Offen ist, wer in der zweiten Runde im April gegen den linksprogressiven Andrés Arauz antreten wird. Nach Auszählung von 72 Prozent der Stimmen kommt Arauz auf einen Anteil von 32 Prozent. Der 36-Jährige blieb damit klar unter der notwendigen 40-Prozent-Marke, twitterte jedoch von einem „überwältigenden Sieg“ und einem „demokratischen Fest“.

Wer neben ihm in die Stichwahl kommt und damit Amtsinhaber Lenín Moreno ablösen könnte, ist noch nicht entschieden. Sowohl der rechtsliberale Guillermo Lasso als auch der indigene Yaku Pérez haben Chancen auf den Einzug in die zweite Runde. Beide pendeln jeweils um die 20 Prozent und mit dem Fortgang der Auszählung liegt einmal Lasso hauchdünn vorne und dann ist es wieder Pérez. Möglich, dass die Entscheidung erst in einigen Tagen fällt. Klar ist nur: Sie wird sehr knapp ausfallen.

Dennoch ist Pérez der große Gewinner der ersten Runde. Als erster indigener Kandidat bei einer Präsidentschaftswahl hat er mehr als zehn Prozent der Stimmen errungen. Und entgegen allen Umfragen könnte es der 51-Jährige tatsächlich bis in die Stichwahl schaffen. Damit wäre er Ecuadors erster Indigener in einer zweiten Runde.

Unabhängig davon, wer neben Arauz in die zweite Runde einzieht, entscheiden die Wahlberechtigtem am 11. April auch über den zukünftigen Entwicklungsweg des Landes. Arauz, der mit der Unterstützung von Expräsident Rafael Correa ins Rennen gegangen war, steht für eine Rückkehr zu dessen Bürgerrevolution, die sich als autoritär-populistische Sozialpolitik beschreiben lässt und sich über eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen finanziert.

Guillermo Lasso ist ein reicher Banker, der mehreren Finanzholdings vorsteht und die Marktfreiheit und Chancengleichheit predigt. Dass er dabei stets auf seine bescheidene Herkunft verweist, erklärt seinen Glauben, er könne Aufstiegschancen für alle schaffen. Für Lasso ist es bereits der dritte Anlauf zur Präsidentschaft. Zuletzt war er 2017 in der Stichwahl an Moreno gescheitert, der nicht wieder angetreten war.

„Lieber ein Banker als eine Diktatur“

Pérez repräsentiert nicht nur einen Großteil der indigenen Bewegung, sondern auch die Geg­ne­r*in­nen des extraktivistischen Modells. Mit seinen Themen Umwelt- und Klimaschutz zieht er vor allem jüngere Wahlberechtigte an. Fünfmal wurde er während der Amtszeit von Correa verhaftet, weil er sich gegen ein Bergbaugesetz engagiert hatte. So weit ging seine Opposition gegen Correa, dass er sich bei der Stichwahl 2017 für Lasso und gegen Correas Kandidaten Moreno ausgesprochen hatte. „Lieber ein Banker als eine Diktatur“, sagte er damals.

Peréz stammt aus Cuenca in der Provinz Azuay, dessen Präfekt er einmal war. Cuenca ist die drittgrößte Stadt des Landes. Am Sonntag wurde dort eine Volksbefragung über den Schutz des Wassers abgehalten. Knapp 440.000 Stimmberechtigte wurden gefragt, ob sie mit „dem Verbot der Ausbeutung von Metallerzen durch den Bergbau im großen Stil in den Wassereinzugsgebieten“ der Flüsse Yanuncay, Tarqui, Tomebamba, Machángara und Norcay einverstanden sind.

Das Ergebnis der Volksbefragung ist verbindlich und gilt als wegweisende Abstimmung über die nationale Extraktivismuspolitik. Zwar liegt das offizielle Endergebnis noch nicht vor, doch Peréz gab am Sonntagabend bekannt, dass sich die Mehrheit für den Schutz des Wassers ausgesprochen hat. Erwartet wird, dass Umweltschutzgruppen in anderen Regionen des Landes jetzt ähnliche Consultas auf den Weg bringen.

Zur Wahl standen am Sonntag auch die 137 Mandate der Nationalversammlung. Gleicht die gegenwärtige Zusammensetzung des Parlaments bereits einem politischen Flickenteppich, wird sich daran nur wenig ändern. Stärkste Kraft wird voraussichtlich das Mitte-Links-Bündnis Unión por la Esperanza, die Andrés Arauz unterstützt, gefolgt von der indigenen Pachakutik und der christsozialen PSC, die sich für Guillermo Lasso engagiert.

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