Nordkoreas Atomprogramm: Das alte Spiel

Nordkorea ist wirtschaftlichen am Ende. Mit der atomaren Aufrüstung will Kim Jong Un den Preis für einen Besänftigungskurs hochschrauben.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un winkt Genossen auf einem Parteitag zu

Kim Jong Un winkt Genossen auf dem jüngsten Parteikongress in Pjöngjang zu Foto: KCNA/reuters

Das Kim-Regime zwingt die internationale Gemeinschaft dazu, einen ernüchternden Fakt zu akzeptieren: Nordkorea ist längst eine Atommacht. Weder Sanktionen noch diplomatische Annäherungsversuche werden das in absehbarer Zeit ändern. Ein UN-Bericht zeigt: Pjöngjang treibt sein Atomprogramm weiter voran. Warum ausgerechnet jetzt? Für Machthaber Kim Jong Un ist die Gelegenheit günstig.

Die halbe Welt befindet sich im Lockdown und fokussiert sich auf die eigenen Probleme. Für US-Präsidenten Joe Biden steht Nordkorea nicht mehr ganz oben auf der Agenda, wie es noch zu Trumps Zeiten der Fall war. Die nordkoreanische Staatsführung wird nun das alte Spiel wiederbeleben: Waffentests und martialische Rhetorik sollen die Außenwelt von der eigenen Bedrohlichkeit überzeugen. Im nächsten Schritt wird sich Kim dann in Verhandlungen für einen Besänftigungskurs fürstlich bezahlen lassen.

Nordkorea leidet aufgrund der seit einem Jahr geschlossenen Grenzen im Zuge der Pandemie unter einem massiven Wirtschaftseinbruch. Selbst für die wenigen Diplomaten in der relativ wohlhabenden Hauptstadt Pjöngjang ist es mittlerweile schwer geworden, grundlegende Nahrungsmittel wie Mehl, Zucker oder Speiseöl zu bekommen. Die Lage für die an Mangelernährung leidende Landbevölkerung kann im Sommer lebensbedrohlich werden.

Dann werden die Ernteerträge vom vorigen Sommer zur Neige gehen. Doch das Regime würde auch eine Million ihrer Bürger dem Hungertod opfern, um weiterhin am nuklearen Kurs festhalten zu können. Es hält die Atombombe für die einzige glaubwürdige Lebensversicherung, die eine Militärinvasion verhindert. Und auf lange Sicht auch für die kostengünstigere Lösung, um die horrenden Militärausgaben für konventionelle Waffen zurückfahren zu können.

So lautet das optimistischste und auch wahrscheinlichste Szenario: An dem deprimierende Status quo der letzten Jahrzehnte wird sich nichts ändern – inklusive der verfestigten Teilung Koreas und einer verarmten, von Wohlstand und Freiheit abgeschnittenen nordkoreanischen Bevölkerung.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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