Wahlkampfstrategie der SPD: Ein dünner Strohhalm

Die SPD setzt im Wahlkampf auf die Themen Ökologie und Soziales. Gut so. Auch Olaf Scholz ist der richtige Kandidat. Doch ob das reicht? Zweifelhaft.

Olaf Scholz vor riesigen großen Lettern S P D

Suchen zwischen Öko und Sozialem ihren Wahlkampf-Wumms: Die SPD und ihr Kandidat Olaf Scholz Foto: pool via reuters

Wenn es für eine Partei richtig mies läuft, dann muss sie etwas ändern. Die SPD war lange bloßes Anhängsel der SPD-Minister und der Fraktion. Daher war es überfällig, dass sie nicht Olaf Scholz, sondern ein eher linkes Duo an die Spitze setzte. Die SPD hat auch aus ihren handwerklichen Fehlern 2013 und 2017 gelernt. Damals nominierte sie chaotisch einen Ex-Finanzminister und einen verdienten Europapolitiker. Leider fanden sich im Willy-Brandt-Haus keine Programme, die zu den Kandidaten passten.

Jetzt hat die Partei früh Scholz nach vorn gerückt. Auch wenn man den Vizekanzler politisch für zu rechts oder ansonsten für zu spröde hält, muss man anerkennen: Die SPD hat ihren aussichtsreichsten Mann nominiert. Die Partei ist nun auch mit ihrem Wahlprogramm früh dran – anders als 2017, als der Schulz-Zug zum Stehen kam, weil niemand wusste, wohin die Reise eigentlich gehen sollte.

Die Scholz-SPD setzt, neben sozialem Ausgleich, auf eine Renaissance des bundesrepublikanischen Korporatismus – grün eingefärbt. Öffentliche Investitionen sollen einen „privatwirtschaftlichen Investitionsschub auslösen“, so steht es in einem SPD-Papier. Viel Staat also, aber nicht in erster Linie als Umverteilungsmaschine, sondern, um in den Fabriken Jobs und der deutschen Wirtschaft in Zukunft Märkte zu sichern.

Scholz als Merkel-Imitator

Ökologie ist kein originelles Wahlkampfthema, aber ein Muss. In den Konzernetagen und in der Union redet man fast fiebrig von ökologischer Marktwirtschaft. Die Grünen wollen längst nicht mehr gegen, sondern mit der Industrie Ökoziele anpeilen. Die SPD setzt auf einen modernisierten Etatismus – der Versuch, die digital-ökologischen Umwälzungen in eine sozialdemokratische Erzählung zu weben. Und damit einen etwas anderen Punkt zu setzen als Grüne und Union.

Die SPD hat in den letzten zwei Jahren im Rahmen des Möglichen viel richtig gemacht. Sie hat ihren Zwist um die Groko professionell beigelegt. Sie ist vorsichtig nach links gerückt und hat sich (wenn auch zu spät) von der Agendapolitik befreit, die wie ein Klotz an ihr hing.

Genau das ist derzeit das Drama der SPD. Würde sie in die falsche Richtung segeln, ließe sich der Kurs korrigieren. Wäre der Kapitän unfähig, man könnte ihn durch einen Fähigeren ersetzen. Aber die SPD macht kaum Fehler, es scheint ihr laut Umfragen nur nichts zu nützen. Die letzte Hoffnung ist, dass die WählerInnen irgendwann merken, dass Merkel weg ist, und Olaf Scholz für den besten Merkel-Imitator halten. Aber dieser Strohhalm ist sehr dünn.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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