Mehr neue Elektroautos in 2020: Fortschritt ist noch keine Wende

Jedes siebte der 2020 neu zugelassenen Autos war ein E-Fahrzeug. Sensationell! Bloß: Das reicht noch nicht. Der große Rest kaufte einen Verbrenner.

Piktogramme für Elektroauto-Ladestationen auf den Boden gemalt in einem Parkhaus

Ladestationen im Parkhaus am neu eröffneten Flughafen BER Foto: F. Anthea Schaap/imago

Jahrelang hatte die Bundesregierung an ihrem Ziel festgehalten, dass bis 2020 eine Million Elek­troautos auf deutschen Straßen fahren sollten. Sämtliche ExpertInnen wunderte das, da alle amtierenden (CSU- und SPD-) Verkehrsminister weiter stumpf auf Verbrenner setzten. Im Verkehrssektor ist der Ausstoß von CO2 seit 1990 kaum gesunken, die Zahl der Stinker auf deutschen Straßen stieg pro Jahr um bis zu 700.000.

Im Coronajahr 2020 gab es dann endlich einen Kickstart für die Elektromobiltät: Fast 400.000 Stromer wurden bundesweit neu zugelassen, 13,5 Prozent – jedes siebte – aller neuen Fahrzeuge. Zum Vergleich: 2019 hatten nur 2 Prozent der Neuen einen halbwegs nachhaltigen Antrieb. Das hat zwar auch damit zu tun, dass die Gesamtzahl um 20 Prozent eingebrochen ist, ist aber dennoch sensa­tionell und ein großer Schritt in Richtung Verkehrswende. Ab sofort macht auch die Autobranche mit im Kampf gegen den Klimawandel. ExpertInnen halten es für möglich, dass bis 2030 10 Millionen Stromer in Deutschland fahren.

So weit der gute Teil der Nachricht. Der schlimme: Alles geschah nur dank der Pandemie. Sie und das ewige Gejammer der Autolobby haben letztlich dazu geführt, dass sich der Staat zu immensen Zuschüssen (fast 10.000 Euro pro Fahrzeug und 900 Euro für die heimische Ladesäule) durchgerungen hat.

Dazu kommt seit Jahresbeginn die CO2-Steuer, die VerbraucherInnen mit etwa 10 Cent mehr pro Liter Benzin und Diesel durchaus bemerken dürften. Nicht zu vergessen: Die Reichweiten von E-Autos sind jetzt größer, und es gab mehr Modelle auf dem Markt. Allerdings: Das Gros der in der Statistik gelisteten Kisten sind Hybridautos. Die haben zwar einen Elektromotor, fahren aber in der Praxis die meiste Zeit mit fossilen Brennstoffen. Die Herstellung der Stromer und ihrer Batterien ist zudem weiter keineswegs nachhaltig. Außerdem fehlen Ladesäulen als wichtiger Anreiz, auf E-Antrieb umzusteigen.

Alles also kein Grund, das Ende des Verbrenners auszurufen. Auch 2020 wurden 2,2 Millionen der klimaschädlichen Kisten zugelassen. Im Bestand gibt es derzeit unglaubliche 47 Millionen Stinker-Pkws. Wo bleibt eine Zielvorgabe wie in Großbritannien, wo ab 2030 keine Verbrenner mehr zugelassen werden sollen? Oder wie wär’s mit einem Ziel der Regierung, das sogar vorzeitig erreicht wird? So wie in Norwegen. Dort sollte 2025 die Hälfte der Neuzulassungen E-Autos sein. Bereits im vergangenen Jahr waren es 54,3 Prozent. So sieht Verkehrswende aus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.