Maßnahmen gegen Coronapandemie: Politik nach dem Prinzip Hoffnung

Bund und Länder verschärfen die Coronaregeln etwas. Doch wenig spricht dafür, dass die Infiziertenzahl durch Ausgehbeschränkungen in Hotspots klar sinkt.

Schneemann mit optimisch breitem Mund

Dem dürfen Sie ruhig näherkommen Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Sollten Sie zu überbordendem Optimismus neigen, dann sind Sie erstens ein glücklicher Mensch. Zweitens bringen Sie alle Voraussetzungen für den Job eines Ministerpräsidenten in einem der deutschen Bundesländer mit. Das könnte allerdings nicht so glücklich ausgehen.

Denn die Landesfürsten haben es zum wiederholten Male geschafft, allzu harsche Verschärfungen der Corona-Einschränkungen zu verhindern. Ja, eine Ausgangsbeschränkung hört sich hart an. Aber sie ist mit vielen Wenns und Abers garniert. Die Länderchefs gehen offenbar von der Annahme aus, dass sich auch mit diesen begrenzten Maßnahmen die Zahl der Infizierten wieder drücken und die Zustände in den Kliniken wieder normalisieren ließen.

Das kann funktionieren. Doch leider spricht für diese Annahme wenig. Schon im seit Mitte Dezember geltenden Lockdown sinkt die Zahl der angesteckten Menschen bisher nur geringfügig, die der belegten Intensivbetten aber gar nicht. Es spricht nicht viel dafür, dass sich das in den kommenden Wochen des Januars durch Ausgangsbeschränkungen in den am schlimmsten betroffenen Regionen wesentlich ändern wird. Dafür steht im Gegenteil zu befürchten, dass sich die ansteckendere Virusvariante aus Großbritannien auch in der Bundesrepublik weiter verbreitet und dazu führt, dass sich die Zahl der Infizierten trotz dieses leicht verschärften Lockdowns nicht verringert, sondern erhöht.

Der jetzt gefundene Kompromiss mag auf weniger Widerstand stoßen, und er schränkt Freiheitsrechte weniger ein als befürchtet. Aber schon mittelfristig bewirkt er, so die begründete Befürchtung, das genaue Gegenteil: noch stärkere und längere Einschränkungen und noch weniger Freiheit.

Wenn Ende Januar absehbar die Infiziertenzahl nicht so deutlich gesunken ist wie erhofft, wird nichts anderes übrig bleiben als eine Verlängerung und Verschärfung dieses verlängerten Kampfs gegen das Coronavirus. Dann hocken wir noch den ganzen Februar und vielleicht den März über in einem nicht enden wollenden Lockdown. Dann werden noch mehr Betriebe diese Durststrecke nicht länger durchhalten und aufgeben müssen, noch mehr Menschen ihren Job verlieren und noch mehr Staatsgelder verpulvert werden müssen. Und dann werden noch mehr Menschen an Covid-19 gestorben sein.

Wenn Sie aber zu Optimismus neigen, dann werden Sie jetzt hoffen, dass die Maßnahmen vielleicht doch greifen. Sie haben recht, schon weil Griesgram kein guter Lebensbegleiter ist.

Aber Pandemiepolitik nach dem Prinzip der Hoffnung zu gestalten erinnert dann doch zu sehr an den kölschen Leitspruch, es sei „schon immer allet jut jegange“. Wenn das nur stimmen würde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.