Showdown im US-Kongress: Demokratie am Limit

Die Gegenstimmen gegen Bidens Wahl im Kongress sind ohne Chance. Sie verschieben aber die Grenzen der normalen politischen Auseinandersetzung.

Die Kuppel des Kapitols vor strahlend blauem Himmel.

Was die Trump-Loyalisten da betreiben, ist ein direkter Angriff auf das Herz der US-Demokratie Foto: ap

Mindestens 11 republikanische Se­na­to­r*innen und über 100 Abgeordnete werden am Mittwoch im US-Kongress Einsprüche gegen die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden einlegen. Sie wissen, dass sie keine Chance haben – und vermutlich auch, dass die Vorwürfe des Wahlbetrugs vollkommen haltlos sind, weshalb sie von Gerichten ja auch samt und sonders abgewiesen wurden.

Genau das macht dieses Spiel so gefährlich: Was die Trump-Loyalisten da betreiben, flankiert von Tausenden aggressiven Rechten auf den Straßen der Hauptstadt, ist ein direkter Angriff auf das Herz der US-amerikanischen Demokratie.

Es war recht erfrischend, dass sich in den vergangenen Tagen endlich einige weitere republikanische Führungspersönlichkeiten und selbst die Trump-treue New York Post in klaren Worten gegen den Präsidenten stellten. Aber es sind denn doch viel zu viele wichtige Spieler, die genau das nicht tun und Trumps Nachrichten aus dem Paralleluniversum weiterverbreiten.

Es ist ein Test der demokratischen Institutionen, wie ihn selbst die erbittertsten Trump-Gegner*innen nicht erwartet hätten. Trump treibt den Rechtsstaat vor sich her. Er wird damit scheitern, aber er verschiebt auf diese Weise ständig die Grenzen dessen, was noch als normale politische Auseinandersetzung begriffen wird.

Den politischen Zustand der USA mit „tiefer Spaltung“ des Landes zu beschreiben, trifft es schon lange nicht mehr: Das ist offene Feindschaft zweier Lager, die sich weder auf die Beschreibung der Realität noch auf Lösungen einigen, ja nicht einmal verständigen können.

Dabei sind die großen Parteien unterschiedlich beeinflusst: Der linke – eigentlich: sozialdemokratische – Flügel der Demokraten agiert strikt im institutionellen Rahmen. Die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen hingegen sind, getrieben von Tea Party und Evangelikalen, schon vor Trump ins rechtsextreme Lager gerutscht. Trump ist Produkt und Vollender dieses Prozesses.

Joe Bidens Idee, die USA versöhnen zu wollen, hat keine Chance.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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