Seehofers Untersuchung zur Polizei: Die Feel-good-Studie

Innenminister Seehofer legt das Konzept für die umstrittene Polizeistudie vor: Statt um Rassismus soll es um die Zufriedenheit der BeamtInnen gehen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer auf einer Pressekonferenz in Berlin

Will die Polizei erforschen, dortigen Rassismus aber eher nicht: Horst Seehofer Foto: reuters

BERLIN taz | Lange wurde gestritten in der Großen Koalition: Braucht es eine Studie zu rechtsextremen Einstellungen in der Polizei? Vorausgegangen waren Vorwürfe eines „latenten Rassismus“ und aufgeflogene rechtsextreme Chatgruppen. Die SPD drängte auf die Studie, Horst Seehofer blockierte sie. Nun schafft der Bundesinnenminister Fakten.

Seehofers Ministerium gab am Dienstag bekannt, dass die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster mit der Studie beauftragt wurde. Mit dem Ausgangspunkt der Diskussion hat diese jedoch nur noch wenig zu tun. Drei Komplexe sollen untersucht werden: die Motivation, dafür PolizistIn zu werden, der Berufsalltag und Gewalt gegen die BeamtInnen.

Konkret firmiert die Studie unter dem Titel „Megavo – Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“. Geleitet wird sie von Anja Schiemann, Strafrechtsprofessorin an der DHPol. Sie forschte zuletzt zur Überwachung von Sexualstraftätern, zu Unterbringungen in psychiatrischen Krankenhäusern oder dem neuen Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität.

Für die Polizei-Studie soll eine „Vollerhebung“ erfolgen: An alle Bundes- und LänderpolizistInnen sollen Online-Fragebögen zu den drei Fragekomplexen verschickt werden. Dazu kommen Experteninterviews mit einzelnen Beamten und teilnehmende Beobachtungen. Angelegt ist die Studie auf drei Jahre.

Arbeitszufriedenheit statt Rechtsextremismus

Das Thema Rechtsextremismus könnte am ehesten noch im zweiten Forschungskomplex auftauchen, dem Berufsalltag. Laut der Hochschule soll dort untersucht werden, welche Einstellungsmuster PolizistInnen prägen – und wie diese sich im Verlauf des Berufslebens verändern. In einer Projektskizze ist aber vor allem von einer Untersuchung der „Arbeitszufriedenheit“ die Rede, darunter etwa die Arbeitsausstattung und Work-Life-Balance.

Am Ende soll es auch Handlungsempfehlungen geben, „die sich positiv auf Arbeitszufriedenheit und Motivation von Polizeibeamten auswirken“. In diesem Zuge würden laut Projektskizze auch „Kriterien identifiziert wie der Grundsatz der Nulltoleranz gegenüber Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus innerhalb der Polizei gelebt wird“. Auch dazu sollen Maßnahmen „fortgeschrieben“ werden, „um die Einhaltung dieses Grundsatzes auch in Zukunft sicherzustellen“

Seehofer erklärte, er wolle mit der Studie herausfinden, „wie und an welcher Stelle wir unsere Polizistinnen noch besser unterstützen können“. SPD-Chefin Saskia Esken sagte der taz dagegen, dass es in der Studie weiter auch darum gehen soll, inwieweit der Polizeialltag geeignet ist, „diskriminierende Grundhaltungen wie Rassismus und Antisemitismus entstehen zu lassen oder zu verhindern“. Sie verwies auf einen unabhängigen Beirat, der die Studie gestalten werde.

Tobias Singelnstein, Polizeiforscher

„Es wird darauf ankommen, was die Hochschule sich traut zu machen und wie eng die Vorgaben aus dem Innenministerium sind“

Esken hatte der Polizei einen „latenten Rassismus“ vorgeworfen und eine Studie dazu eingefordert. Seehofer lehnte dies als Vorverurteilung ab. Im Oktober einigten sich beide Seiten auf eine Studie zum „Polizeialltag“ – mit offener Ausgestaltung.

Die Grünen kritisierten, dass die Studie nicht ausgeschrieben wurde und die jüngsten rassistischen Polizeivorfälle nun „gezielt ausklammert“. Auch die FDP hält diese nicht für ergebnisoffen.

Der Polizeiforscher Tobias Singelnstein sagte der taz: „Die Untersuchung von Einstellungen kann ja alles Mögliche heißen. Es wird jetzt sehr darauf ankommen, welche Spielräume die Hochschule für die Umsetzung sieht und wie eng die Vorgaben aus dem Innenministerium sind.“

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