Die Wahrheit: Physisches Gold

Haben die von der Commerzbank zu viel Neil Young gehört? Oder warum träumt unsere Kolumnistin plötzlich von Onkel Dagobert?

Kürzlich wachte ich auf, in der Annahme, ich sei Dagobert Duck. Der mit dem großen Geldspeicher, umgeben einzig von Nichtsnutzen jeglicher Schattierung. Ich griff zum Hörer, rief hinein: „Goldmünzen und Goldbarren in allen Größen! Physisches Gold! Jetzt ordern!“ Dann drückte ich die Schlummertaste. Als ich wieder zu mir kam, war mir klar, dass ich nur geträumt hatte.

Der Begriff aber, „Physisches Gold“, der existiert. Er fasziniert mich, er treibt mich um. Von der Bank meines Misstrauens, der Commerzbank, wird er beworben wie geschnitten Brot oder Aufschnitt fürs Bütterchen des Lockdown-Abends. 250 Gramm Barren am Goldstück und wohl mit Prägung in Aspik zum Tageskurs für 12.401 Euro, ein halber Krügerrand zum Dessert für gut gekühlte 828 Euro. Darauf einen Dujardin – oder doch lieber einen Kilo Goldklumpen zu 49.264 Euro.

Physisches Gold: Wie das duftet und glänzt und mich vom protestantischen Wege der harten Fronarbeit im Homeoffice-Tunnel, am Spülbecken oder im Kleiderschrank langsam, aber körperlich weglotst! Ich spüre es schon, das physische Gold, wie es mich im Regen stehen lässt, mal wieder ohne Penunzen und mit nix Gescheiten zum Anziehen.

Psychisches Gold: Gibt es das eigentlich auch? Aber ja. Wer schlecht kann mit psychischem Gold, der oder die ist darob ein schlechter Verlierer auf der Gewinnerstraße bei Monopoly. Eine Unze vom goldenen Känguru kostet dort und bei der Commerzbank 1.585,25 Euro. Das ist nur rund ein Zehntel vom Wert des unphysischen Golds, dem guten alten Betrüger namens Bitcoin, wohnhaft drin im Computer und zu 15.727,17 Euro das Stück.

Die Frau von 30,230680 Jahren

Heart of Gold“ heißt ein schlichtes Lieblingslied von mir. Neil Young singt darin live und 1971, dass er nie aufhört zu suchen nach einem Herz aus Gold; dass er schon mal (an einer anderen Songstelle) in Hollywood war – und auf Englisch lautet einer der Reime dann „… and I’m getting old“. Dabei war Young damals erst junge 26 Jahre alt und hat heute damit 91.409.622 Aufrufe bei Youtube.

In „Heart of Gold“ ist mein Lieblingsbegriff „Physisches Gold“ aber so was von menschlich erklärt. Denn schaut man an seiner Generation und sich selbst hinauf und hinunter, muss man nachgerade demütig sagen: Der Mann hat recht, physisches Gold unterliegt einem Alterungsprozess, der sich gewaschen hat bei, nein, nicht bei 95 Grad, sondern schon irgendwo zwischen 40 und 60 Grad. Ganz Unverbesserliche legen noch einen Schonwaschgang ein.

Da kann einem Dagobert Duck aka Commerzbank noch so viel ins virtuelle Postfach müllen, dass „Physisches Gold“ eine gar „unvergängliche Geldanlage“ sei. Darauf aber jetzt doch einen Dujardin, nein, warten Sie, lieber einen Crémant „Chateau de Moncontour“, der auf den tieftraurigen Roman von Balzac „Die Frau von 30 Jahren“ anspielt. Santé, Gesundheit!

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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